Pennys Wochenrückblick Folge 112: Angebrannte Hirnschwitze im Führerkochquartier!
Mit dem Recht auf eine Äußerung der freien Meinung ist das ja so eine Sache. Von vielen wird sie als höchstes Gut angesehen, als furchtbar notwendig für eine funktionierende Gesellschaft, die ohne dieses Recht – pitsch, patsch – einfach in sich zusammenfallen würde. Manches Mal aber kann ein solches Recht gar Grausiges hervorrufen, so gruselig und grützenhaft, dass man sich wünscht, das Recht auf freie Meinungsäußerung sofort auf den Müllhaufen der Gesetzestexte zu schmeißen. Nach dieser Woche sollte man die Dinge einfach ein bisschen differenzierter betrachten: Jeder, also wirklich jeder hat ein Recht auf freie Meinungsäußerung, ABER – jetzt kommt der Casus Knaxus – wir sind nicht in der Pflicht, uns jeden Scheiß anzuhören. Hier haben wir Eva Hermann. Eva Hermann ist – was ihre Grundrechte und damit eben auch das Recht auf freie Meinung angeht – bestens im Bilde, man wird ja nicht Tagesschausprecherin, nur weil man sieben und neun addieren kann oder doppelte GEZ-Gebühr bezahlt. Weil Nachrichten vorlesen auf Dauer nun aber auch nicht so prickelnd ist (ständig verliest man sich, niemand sieht den tollen neuen Wickelrock, den man sich am Tage bei H & M gekauft hat), suchte sie sich ein neues Betätigungsfeld: Bücher schreiben. Und weil Bücher sich nicht so gut von allein verkaufen, muss man eben ein bisschen auf die Pauke hauen. Ich zitiere hier die Pressemeldung von SternOnline:
Eva Herman hatte bei der Vorstellung ihres neuen Buches am Donnerstag in Berlin erklärt, im Dritten Reich sei "vieles sehr schlecht gewesen, zum Beispiel Adolf Hitler". Einiges sei aber auch gut gewesen, "zum Beispiel die Wertschätzung der Mutter."
Schon der allgemein gehaltene Tenor dieser Aussagen lässt vermuten, mit welch feinfühliger Nadel Eva Hermanns Wissen über das dritte Reich gestrickt wurde. Da weiß jemand Bescheid, da kennt sich jemand aus. Im Grunde verfolgt die Dame hier auch ein Motto, welches so in sehr vielen Lebensberatern zu finden ist: Egal wie schlimm eine Situation auch ist, versuche, das Gute darin zu entdecken. Wie blöd für Frau Hermann, dass die (nicht vorhandene) Wertschätzung der Mutterrolle im Angesicht zig Millionen ermordeter Menschen dezent verblasst. Da hätte man sich vielleicht mal eine andere Epoche aussuchen sollen. Die Steinzeit vielleicht.
„Vieles war in der Steinzeit sehr schlecht, der Tyrannosaurus Rex zum Beispiel. Einiges war aber auch sehr gut, zum Beispiel die Dämmung unserer Eigentumshöhle“
Oder auch das Mittelalter:
„Vieles war im Mittelalter sehr schlecht, zum Beispiel die olle Schweinepest. Einiges war aber auch sehr gut, zum Beispiel die Hexenverbrennung auf dem Scheiterhaufen. Da konnte man so schön kuschelig beisammenstehen, während die zaubernden Weibsbilder vor sich hinloderten.“
Eva Hermann ging es natürlich in erster Linie darum, das Küchenzepter (respektive den Kochlöffel) der Frau hochzuhalten. Emanzipation ist doof, hinterm Herd stehen ist toll und erfüllend…und das wo die Herdknöpfe eigentlich vorn sind. Früher war es schließlich nicht anders, im alten Ägypten zum Beispiel. Da haben sich die Frauen ebenfalls für ihre Pyramidenbastelnden Männer aufgeopfert. In Milch durfte man seinerzeit nur baden, wenn man Cleopatra hieß. Nun, man kann es drehen und wenden wie man will: Eva (Braun?) Herman (n Göring?) hat leider nicht viel Ahnung. Sonst hätte sie eventuell gewusst, warum man werdende Mütter im Dritten Reich so prima fand: Wäre es nach dem Führer gegangen, wären die Zöglinge nämlich direkt in Kriegsuniform aus dem Mutterbauch geflutscht. Drei Jahre an der Wasserpistole lernen und dann ab an die Front, das war der Plan. Aber vielleicht hat Eva da in der Schule ja auch gefehlt, war gerade aufm Klo oder hat Nachrichtentexte-Lesen in der Raucherecke geübt. Man weiß es nicht und man will es eigentlich auch gar nicht wissen.
War das Gebaren von Frau Hermann nun schon ziemlich peinlich, so waren die Berichterstattung und die Empörung der Öffentlichkeit eventuell noch einen Tacken schlimmer. Statt nämlich die Äußerungen von Frau Bra…von Frau Hermann als das anzusehen was sie sind – Formung grenzdebiler verbaler Laute aufgrund von defektem Druckausgleich im Oberstübchen – milde zu lächeln und es gleich wieder zu vergessen, machte man lieber einen Staatsakt draus. Herrlich, man hatte wieder was zum Aufregen. Nun ist ein recht ehrenhaftes Ziel, das Fenster zu öffnen, ein Kissen auf die Fensterbank zu schmeißen und ellbogenabgestützt in einer Tour „WEHRET DEN ANFÄNGEN!“ auf die Strasse zu brüllen. Doch seien wir ehrlich, eine Gefahr für die nationale Sicherheit stellt Frau Hermann nicht dar. Gründungen rechtsradikaler Parteien sind von ihr nicht zu erwarten. Auch wurde sie recht häufig als Nazisau beschimpft. Ein rasierter Kopf und schwere Stiefel? Vermutlich nicht. Außerdem gibt es gar keine pastellfarbenen Bomberjacken. Eine Bedrohung des Weltfriedens sieht wohl anders aus. Es sei denn, Eva geht eine Allianz des Schreckens mit Katja Saalfrank ein. Die Supernanny und der wandernde Suppenlöffel, derart verbündet werden wir alle durchpädagogisiert und müssen täglich Kochkurse besuchen bis an unser Lebensende. Während nun die Menschen aus ihren Fenstern die „Wehret den Anfängen“-Floskel in den Hof brüllen, möchte man doch eigentlich im Hof stehend zurückblöken. Man möchte schreien, dass man sich doch bitte mit der gleichen Intensität empören möge, wenn Inder durch Innenstädte gehetzt und Rabbiner auf der Strasse niedergestochen werden. Man möchte erklären, dass Zivilcourage bedeutet, im echten und realen Leben bei rassistischen Aktivitäten einzuschreiten, statt bei Kaffee und Kuchen Eva Hermann in der Bildzeitung anzuschreien. Und was wird von den Fensterbänken zurückgeblökt? „ABER AN DER EVA KÖNNEN WIR PRIMA ÜBEN!“
Na dann…
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