18.4.08

Pennys Wochenrückblick Folge 128: Germanys next Bundestags-Busen!



Jaja, hier also ein Dekolleté, welches vermutlich keinen Staatsakt auslöst. Weiß ja auch keiner, zu welch hochdekorierter Politikerin dies nun gehört. Vielleicht ist sie ja auch nur auf kommunaler Ebene aktiv, vielleicht aber interessiert sie Politik ja auch nen Scheiß.
Hauptsache
Dekolleté eben!





Befragt man wissenschaftsfaule und entdeckungsresistente Menschen, ob es nicht mal langsam wieder an der Zeit wäre, bahnbrechende Erneuerungen auf unserem Planeten zu ergründen, winken sie meist genervt ab, um sich wieder in ihre Hängematte zu legen.
Den Kubaner-Hut halb im Gesicht und den Cocktailstrohhalm am Munde versichern sie stets, dass es nun reiche mit all den Neuentdeckungen. Mehr als fünf Kontinente wird es nicht geben, den meisten Insel-Eingeborenen habe man bereits die wertvollsten Gewürze entwendet und über den Urknall weiß man im Großen und Ganzen auch Bescheid.
Nun könnte man einwenden, dass es durchaus noch so Einiges zu entdecken gäbe, kein Mensch – und sei er noch so kräftig gebaut – kann zum Beispiel tiefer als 60 Meter tauchen. In 3000 Meter Pottwaltiefe herrscht ein derartiger Druck, dass jeder Mensch innerhalb weniger Sekunden auf die Größe einer Kichererbse zusammenschrumpft…und zwar ohne, dass einer kichert.
Eigentlich ist das schade, denn vielleicht wäre es ja nett, in den Tiefen des Ozeans mal nachzuschauen, was da so alles kreucht und fleucht.
Doch der entdeckungsresistente Hängemattenbenutzer schiebt nur den Hut leicht hoch und erwidert, dass es gewisse Dinge im Leben gibt, die zu entdecken sich schlicht und einfach nicht lohnen.

Ach wäre dies doch bloß der Leitsatz der Presse in dieser Woche gewesen.
Dort gab man sich nämlich nicht ganz so hängemattenaktiv und forschte und entdeckte, was das Zeug hielt.
Und entdeckt hatte man etwas vollkommen Neues, etwas schier Unglaubliches:

Unsere Bundeskanzlerin hat Brüste!

Na herzlichen Glückwunsch.
Hätte ich ein bisschen mehr Zeit gehabt, ich wäre in jede einzelne Redaktion gefahren, um den Entdeckern und Forschern auf ihre journalistischen Schultern zu klopfen und wilde Jubelarien anzustimmen.
Aber was genau war eigentlich passiert?

Nun, die Frau Merkel hat einer Operneröffnung in Norwegen beigewohnt. Aufgrund ihrer vorhandenen Intelligenz und unter Zuhilfenahme diverser Typberater muss unsere Kanzlerin zu dem Schluss gekommen sein, dass man bei einem solchen Ereignis nicht in einer schlichten Jeanshose erscheint.
„ABER SIE HAT DOCH NOCH IHRE PASTELLFARBENEN SAKKOS!!!“, schreien die Modeaffen aus den hinteren Reihen.
Da darf gern zurück geschrieen werden, etwa so was wie:
„DAS IS ABBA NE OOOOPAAAA, DA WIRD’S HALT MAL EIN BISSCHEN BAROCKER!“
Dachte sich wohl auch eine Stylistin und wählte halt ein Kleid mit Ausschnitt.

So weit, so harmlos.
Wenn man ehrlich ist zu sich selbst und vollkommen wertfrei urteilen mag, käme man zu dem Schluss, dass man es hier definitiv mit dem deutschen Pendant eines chinesischen Reissacks zu tun hat, der im fernen Osten des Öfteren umzufallen pflegt, wenn uninteressante Zustände zu vermeintlich aufregenden Ereignissen hochgepusht werden.
Es hätte alles so schön sein können, wir hätten endlich mal ein eigenes nationales Synonym gehabt, hätten sagen können:
„Au Mann, die Ehegeschichten vom alten Herbert…ungefähr so spannend wie das Osloer Dekolleté von Frau Merkel.“
Sicher, man hätte sich ein bisschen an so eine Formulierung gewöhnen müssen, aber hey: neue Hufe klappern auch nicht sofort perfekt.

Stattdessen wurde in den Medien und vor allem in Zeitungen und Feuilletons der Aufstand geprobt. So könne man nicht auftreten, so etwas geziemt sich nicht für eine Politikerin.
Also genau jene Medien, die eigentlich nicht genug bekommen können von halbseidenen Dumpfbackenpromis, die schlüpferlos aus ihrem Gefährt steigen, wollten nun den Ausschnitt von Deutschlands mächtigster Frau kritisieren.
Auch das Internet strotzte nur so vor Kommentaren, die nicht eben nett und durchweg durchzogen waren von Angst vor Erblindung bis hin zum Brechreflex.
Warum nun genau eine Politikerin verkniffen, verbissen und hochgeschlossen im Kabinett sitzen muss, bis die Lachfalte stirbt, kann eigentlich keiner so genau erklären. Klar, Politik ist keine Zirkusveranstaltung, da wird selten gelacht und wenn, dann auch nur zynisch.
Aber dürfen wir uns denn wirklich ein Urteil erlauben?
Wo halb weiblich-Deutschland arschgeweihzeigend durch die Innenstädte flaniert, sollte man sich doch mit Dekolleté-Kommentaren zurückhalten.
Wo ein Buch von Charlotte Roche, bei dem man sich nur wundern kann, dass nicht Exkremente und Spermaproben beiliegen, auf Platz 1 der Bestsellerliste steht.

Selbst ein Duisburger Politikwissenschaftler konnte ob der optischen Reizüberflutung nicht anders: er MUSSTE Unsinn brabbeln.
Dieser sagte nämlich, dass die Kanzlerin bisher mit Verzichtsästhetik gepunktet habe.
Hiermit schlage ich „Verzichtsästhetik“ für das Wort des noch so jungen Jahres 2008 vor.
Denn handelt es sich doch hierbei um einen weit dehnbaren Begriff, Darstellerinnen verschiedener Schmuddelfilmchen, die ja schon in der dritten Szene nix mehr anhaben und sich in der Horizontalen befinden: wäre das nicht auch schon Verzichtsästhetik?
Gut, kommt auf den Betrachter an.
Auf jeden Fall war dieser Politikwissenschaftler sich nicht zu fein, auch noch ein weiteres Statement abzugeben, nämlich dass ein Mehr an Inszenierung seitens der Kanzlerin ein Fehler wäre.
Ein Fehler für wen genau es wäre, war nicht zu ermitteln. Ein Angriff mit Langstreckenraketen aus schockierten Ländern dürfte wohl ausbleiben, Ihr wisst schon, die chinesische Reissack-Theorie. Einzig zu erklären ist dieser Unsinn doch nur mit der Überlegung, dass unsere Bundeskanzlerin sich launetechnisch dem deutschen Volke anzupassen hat. Und wer das als Politiker tut, der grinst nicht dekolletiert in Kameras, sondern der sperrt sich in ein Verlies und heult unentwegt in dreckige Taschentücher.
Wem man diese Woche ausnahmsweise mal keinen Vorwurf machen kann, das war die BILD!
Diese gab sich herrlich neutral und schrieb allen Ernstes, dass uns Angie mit Ihrem Ballkleid Mette Marit verblassen ließ. Was nun wirklich keine Kunst war, schließlich gleicht die norwegische Kronprinzessin in Ausstrahlung und Hautfarbe einer Raufasertapete mit chronischer Gastritis.
Was nun also tun, wenn man Merkel heißt und weiterhin Opern besuchen möchte?
Vorschlag zur Güte:
Das ganze mit Humor nehmen und beim nächsten Mal ein lustiges T-Shirt anziehen, auf dem steht:

„Ich hab auch Augen, Du Arsch!“

Da müssen wir uns dann auch nicht mehr so doll aufregen und können Eingeborenen auf neu entdeckten Inseln wieder die Gewürze unter dem Hintern wegklauen.




"Pennys Wochenrückblicke - 2007 ging ja mal gar nicht!"

Ab sofort in allen Online-Shops und in Buchhandlungen bestellbar.
Wer nicht auf die manchmal streikende Post warten möchte, der tingelt einfach in die "Mayersche" Buchhandlung in der Dortmunder Innenstadt!


Keinen Rückblick verpassen und den Newsletter bestellen! Einfach eine E-Mail an pennysworue@gmx.de schreiben!!!

9.4.08

"Pennys Wochenrückblicke - 2007 ging ja mal gar nicht!" ist erschienen ! ! !



^^ Der neue Trailer zum Buch ^^






Da isses!



Ach herrje, wir sind ja alle noch da.
Zu erwarten war das nun nicht, schließlich war 2007 derart von Klimretteritis erfüllt, dass man meinen konnte, wir würden nur noch einen Schritt vor dem Abgrund stehen und nun Anlauf nehmen.
Ja, man wurde regelrecht hektisch, was die Weltenrettung anging, es musste nun alles ganz ganz schnell gehen, Tsunamis, Erdbeben, Gletscherschmelze und andere Naturkatastrophen warteten in ihren Startlöchern, um die Menschheit endgültig einzustampfen. Das ist sie nun – da waren sich nicht wenige sicher – die Rache von Mutter Natur.

Nun, ich bin ja immer noch der Meinung, dass eine wirklich existierende Mutter Natur uns dermaßen den Hintern versohlen würde, dass wir nie wieder in der Lage wären, einen anständigen Schritt zu laufen.
Aber Mutter Natur gibt es halt nicht, es gibt nur uns, die Menschen, die sich vor zwei Jahren noch nicht mal annähernd für unseren Planeten interessieren und die 2007 einen auf Weltenretter machten.
Da ging so einiges fast im global-karikativen unter, fast hätten wir es nicht bemerkt:
Paris Hilton landete im Knast (wenn auch nur für ne halbe Woche), Eisbär Knut hat für ein Entzückungskonglomerat gesorgt (obwohl niemand so genau weiß, warum) und eine Französin hat ein weißes Gemälde schrottreif geknutscht.
Ja, es ist wieder viel passiert in 2007 und wer den ganzen Kladderadatsch verpasst hat und nicht stundenlang vor dem heimischen (und vermutlich ganz furchtbar umweltschädlichen) Monitor hocken möchte, dem kann geholfen werden:

„Pennys Wochenrückblicke – 2007 ging ja mal gar nicht!“


ist seit dieser Woche nun in allen gängigen Onlineshops und Buchhandlungen bestellbar.
Das Buch vereint auf 260 Seiten alle Wochenrückblicke aus 2007.
Auch dieses Mal war der Schaffensprozess rund um das Werk eine spannende Sache verbunden mit einer Menge Spaß.
Definitiv eins der Highlights 2007 war die erste Lesung im Hicc-Up (ein Irish-Pub in Dortmund) vor ca. 80 Leuten. Nur zu meiner Abschlussprüfung mag ich aufgeregter gewesen sein, aber Dank Euch wurde es ein unvergesslicher Abend.

All die Leute aufzuzählen, die an diesem Buch mitgewirkt oder die mich sonst irgendwie begleitet haben, wäre hier zu viel, deswegen sind die letzten Seiten des Buches für Euch reserviert.
Ihr seid noch immer meine Motivation, mich wöchentlich hinzusetzen und einen Text zu verfassen. Euer Lob und Eure Kritik sind noch immer mein Ansporn.
Und diese Welt da draußen, die noch immer eine Menge Unsinn zu bieten hat ist nach wie vor Grund genug, mit einem lachenden Auge hinzuschauen.

In diesem Sinne. Bis nächsten Freitag.

Sascha Gerson




erhältlich bei:

Mayersche Dortmund

Amazon

Libri

BOL

Buch.de

und in allen anderen gängigen Onlineshops und Buchhandlungen!


Bestellt Euch den Newsletter und verpasst keinen Text mehr:
Einfach eine Email an pennysworue@gmx.de schreiben und Ihr seid dabei :)

3.4.08

Pennys Wochenrückblick Folge 127: Big Brother's shopping with you!



Nun, wer meint, er könnte einfach im Supermarkt vor sich hinarbeiten und einkaufen, wie es ihm beliebt, der ist sich der Anwesenheit des Detektivs nicht bewusst. Der Kunde im Hintergrund scheint allerdings etwas zu ahnen.






Mein Name ist Rockford!
Tom Rockford!
Ich bin der Geschäftsführer der weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten Detektei Rockford, Rockford und Rockford.
Gut, im Grunde handelt es sich hier um ein bisschen Getue, eigentlich heiße ich Eckhart Warzenschmied, doch hat mich das Leben schmerzhaft gelehrt, dass die großen Kriminalfälle an einer Detektei mit dem Namen Warzenschmied, Warzenschmied und Lübke (Buchhaltung) vorbeischwimmen, sie werden vom Strom der wichtig Klingenden mitgerissen, während man selbst am Ufer steht und ein wenig bedröppelt hinterher schaut. Übrig bleiben kleine Ehebrechereien, deren Aufklärung immer mit dem Hinweis des Auftraggebers endet, dass man es ja kaum glauben könne, dass ein Detektiv namens Warzenschmied tatsächlich und wirklich und „in Echt“ einen so hochkomplizierten Fall gelöst hat. Dann wird einem auf die Schulter geklopft, man bekommt ein Trinkgeld, welches gerade mal für die Kiosk’sche Weingummiabteilung reicht und na ja…so kommt man auf jeden Fall nicht vorwärts. Doch mit der Umfirmierung vor einigen Jahren, da wurde alles anders. Plötzlich waren wir wer, man kannte uns nun auch außerhalb des Industriegebietes, in dem wir in einem Wohncontainer hockten.
Plötzlich bekamen wir Großaufträge von bedeutenden Firmen. Alles hätte so schön sein können…bis zu dem Tag, an dem der Supermarkt anrief.
Dies sind die Protokolle.


07:45
Ich mische mich unter die Kunden, Tom Rockford tut, was Tom Rockford am besten kann: Beobachten, taxieren, einschätzen, abschätzen.

Ich kneife die Augen zusammen, das kann ich ziemlich gut und in Verbindung mit meinem Pokerface kann mir überhaupt keiner was. Noch 15 Minuten bis der Supermarkt auf macht. Ich hätte mich auch durch den Hintereingang schleichen können, doch das ist mir zu billig, ich bin Profi. Ich muss Überraschungsmomente nutzen. Ich schätze ein und schätze ab. An vorderster Front steht eine kleine ältere Dame mit winziger Tasche und hochgetürmter Frisur. Fast reflexhaft berechne ich die Anzahl der Batterien, die sie in diesem Haarberg aus dem Laden entwenden könnte. Siebenundfünfzig plus minus zwei bis drei Uhrenbatterien. Nehme mir vor, die Dame im Auge zu behalten.
Weiter hinten steht der Computernerd mit einem startbereiten Einkaufswagen. Er und geschätzte – taxierte – siebenunddreißig weitere Nerds warten auf die Öffnung des Supermarktes. Unglaublich, was die Leute alles für einen verbilligten Memorystick auf sich nehmen. Vermutlich wird es Verletzte geben.
Ich bemerke, dass auch ich abgeschätzt, beobachtet, taxiert werde. Das ist nicht gut. Vielleicht liegt es an dem Trenchcoat und an dem Hut, den ich mir tief in die Stirn gezogen habe. Oder es ist die Zigarette, die lässig in meinem Mundwinkel steckt und vor sich hinlodert. Vielleicht sind es aber auch all die Dinge zusammen in Kombination mit dem heutigen Wetterbericht, der frühlingshafte Temperaturen von 26 Grad ankündigt. Ich muss lernen, mich unauffälliger zu verhalten und nicht die komplette Menschheit für blöd wie Bohnenstroh zu halten. Ein Anfängerfehler, der mir immer wieder passiert.

8:10
Ich baue meine Monitore im Pausenraum auf. Dem Personal in Form von Frau L., Frau R., Herrn T., Herrn C., den Geschwistern W. und W., Wachhund P., Fräulein D. und Praktikant S. nebst Verkaufsleiter K. erkläre ich meine Arbeitsweise.
Ich bin hier um Kunden zu überwachen, auf Diebstähle zu achten und sie gegebenenfalls zu verhindern. Alle wirken beruhigt. Das wären sie vermutlich nicht, wenn sie meinen wahren Auftrag kennen würden. Die Firmenleitung hat mir eine Sonderprämie versprochen, wenn ich auch ein bisschen darauf achte, was die Mitarbeiter so treiben. Eigentlich geht es hier so gut wie gar nicht um die Kunden.

8:47
Der Spaß beginnt. Frau R. sitzt an der Kasse. Sie hat vermutlich wenig bis gar nicht geschlafen, immer wieder sackt ihr Kopf nach vorne, schon nach wenigen Minuten hat sich ein Abdruck des Stornoknopfes auf ihrer Stirn gebildet. Gerüchten zufolge, die ich im Pausenraum aufgeschnappt habe, geht Frau R. einem Nebenjob als Bardame nach. Das würde auch den Glitzer in ihrem Dekolleté erklären. Die 38 bezahlwilligen Computernerds sind auf jeden Fall nicht begeistert, dass sie in ihrer Bezahlung aufgehalten werden. Kollegin L. bringt Frau R. einen Plastik-Espresso. Inventurlisten prüfen.

9:25
Herr C. verweilt in der Obstabteilung. Entweder bespaßt er die Kundschaft oder seine Drogen der letzten Nacht waren gestreckt. Anders ist es kaum zu erklären, warum der Kerl mit Kiwis jongliert und gar nicht bemerkt, dass geschätzte siebenundvierzig Jonglierversuche bereits fehlgeschlagen und zermatscht auf dem Boden gelandet sind. Praktikant S. weiß wohl nichts Besseres mit seiner Zeit anzufangen und begleitet fußstampfend die Darbietung von C. mit einer Art Zirkusmelodie.

10:15
Herr Y. kommt herein mit hochroter Birne und heult sich beim Verkaufsleiter K. aus. Er sei krank, furchtbar krank. Mindestens 41 Fieber, so versichert Y., hindere ihn an der Ausübung seiner üblichen Tätigkeit. Mit einem strafenden Blick und einer Zuweisung in die Tiefkühlkost-Abteilung darf sich Y. seine Verkaufskluft überstreifen. Taschentuchinventur wird empfohlen.

10:25
Tumulte am Pfandautomaten, ein Kunde brüllt cholerisch das Flaschenrücknahmegerät an.
„ICH WERD DIR GEBEN, MEIN FRANKENHEIMER BLUE NICHT ANZUNEHMEN!“
Eine Faust des Kunden steckt in dem Automaten, welcher unablässig und vergeblich versucht, die grabschenden Extremitäten des Kunden zu scannen.
„Bitte versuchen sie es erneut, dieses Leergut ist unzulässig!“, schnarrt es roboterhaft durch den Laden. Eine der Geschwister W. macht mit ihrem Handy ein Foto und gluckst herum, dass ihr die 500 Euro von der BILD so was von gehören.

11:35
Der vermeintlich kranke Y. kommt mit trichterförmigen Händen und schwarzen Rändern unter den Augen auf Verkaufsleiter K. zu. Er zeigt ihm seine Hände.
„Da…hab ich gesammelt. Auswurf, gelb und auch braun mit dabei! Was gedenken sie, zu tun?“
Der eiskalte Blick von Verkaufsleiter K. hätte bereits Bände gesprochen, aber er setzte noch einen drauf.
„Ich fordere sie auf, die Finger von der Käsesoße zu lassen. Aber die schwarzen Ränder unter den Augen sind klasse, da hat ihnen Frau R. wohl ihren Kajalstift geliehen, was? Zurück an die Arbeit, Y., wenn es ihnen nicht gut geht, dann schnäuzen sie in ein Taschentuch. Aber nehmen sie ihre eigenen, um Himmels Willen, wir haben Detektiv Warzenschm…Rockford im Haus."

12:45
Ich WUSSTE es. Es waren letztlich nur 36 Batterien, aber gewusst habe ich es trotzdem. Nach einer ganzen Reihe schmerzhafter, aber nicht lebensgefährlicher Elektroschocks konnten alle Duracell aus dem Frisurungetüm entfernt werden. Schwester W. knipste schon wieder mit ihrem Handy herum und krächzte irgendwas von „Yeah, jetzt sind es schon 1.000 Euro!“

13:06
Mittagspause mit einigen Mitarbeitern, diese wähnen sich immer noch in Sicherheit und denken, ich würde Kunden beobachten. Während die Belegschaft fröhlich eine Flasche Sekt leert, versucht Y. sein Zugehörigkeitsgefühl dadurch auszudrücken, dass er eine Flasche Sanostol hinterher kippt. Hat er die von zu Hause mitgebracht?

13:47
Frau R. versucht mich zu verarschen. „Ich geh mal kurz zum Auto“, rief sie fröhlich durch den halben Laden, unter ihrem Kittel zeichneten sich die Umrisse von zwei Dutzend Pfandflaschen ab, es war einfach erbärmlich. Ich verließ den Laden, nachdem sie wiederkehrte, um an ihrem Gefährt eine Parkkralle anzubringen.

14:30
Langsam übertreibt Y. Nachdem der Verkaufsleiter K. ihn in die Fleischereiabteilung geschickt hat, nutzte Y. einen Moment der Unaufmerksamkeit seiner Kollegen, um selbst gehörig Aufmerksamkeit zu erregen. Unter lauten Protesten stampfte Y. vor K. mit dem Fuß auf. Y. hielt seinen abgetrennten Arm in der Hand, der blutende Stumpf versaute die ganze Verkaufsfläche. „So! Ich bin in die Kreissäge gefallen, als ich geniest habe. Könnte ich eventuell jetzt zum Arzt? Bitte?“
Verkaufsleiter K. antwortete so, wie man es von ihm erwartete:
„Einen Arm zum Arbeiten haben sie doch noch, legen sie den anderen auf Eis, nach Feierabend wird ja wohl noch genug Zeit für einen Besuch in der Notaufnahme sein oder? Und rufen sie mir Praktikant S. mit dem Wischer hierher.“
Y. trottete betrübt davon, mit seiner Motivation scheint es nicht weit her zu sein. Ein Mitarbeiterseminar zur Euphorieauffrischung wird empfohlen.

14:33
Praktikant S. singt wieder irgendwelche Zirkuslieder, als er mit der Reinigungsmaschine über das Blut fährt wie ein irrer Eishockeyfeldreiniger. Sieben Kisten DAB und der Stand mit den Anchovis gehen dabei zu Bruch und Matsch. Den Schaden per Lastschrift vom Praktikanten einziehen lassen. Sein Nippen an der Sektflasche war vermutlich ein Fehler.

16:59
Fräulein D. ist noch jung, gerade mal 18, doch erklärt das allein schon ihr Verhalten?
Als ein Kunde - Mitte Zwanzig, Lederjacke, Kragen natürlich oben - sie an der Kühltheke nach Schmelzkäse fragte, schoss ihr das Blut nur so ins Gesicht. Statt der gewünschten Information erhielt der Kunde eine kleine Führung durch das Kicher-Kicher-Land. Auch die erneute Wiederholung seiner Frage hatte nur zur Folge, dass Fräulein D. um so lauter kicherte und S. gleich wieder mit der Wischermaschine anrücken müsste. Eine der W. Schwestern erkannte die Situation und zeigte dem wartenden Kunden die ungefähre Schmelzkäserichtung mit dem Finger. Ich würde auf Süd-Süd-West tippen, sicher bin ich mir aber nicht. Tipp an die Konzernleitung: Über die Anschaffung von Navigationsgeräte nachdenken und niemanden mehr unter 23 einstellen.

18:45
Y. scheint einen Hang zur Selbstverstümmelung zu besitzen. Sein zweiter Arm ist nun ebenfalls ab und langsam wird er ungeduldig, was seinen Arztbesuch angeht. Verkaufsleiter K. will gar nicht wissen, wie dieses Missgeschick passieren konnte und schickt Praktikant S. mit den Worten los, dass er ein Einmachgummi für den Armstumpf besorgen soll. Langsam regt sich in mir der Verdacht, dass Verkaufsleiter K. seine Herde hier nicht richtig im Griff hat und ich frage mich ernsthaft wo das hinführen soll, wenn sich einer schon die Arme amputiert, nur damit er mit seinem Fieber zum Arzt gehen kann.

19:45
Tumult, Sodom und Gomorra im Supermarkt. Praktikant S. hatte wohl erneut an der Sektflasche genippt, auf jeden Fall bretterte er auf der Reinigungsmaschine sitzend mit voller Karlotte in die Regale.
Zu dumm, dass sich dabei ausgerechnet Spargel und Erdbeeren auf dem Boden verteilten und einen aphrodisierenden Duft ausströmten, der von der Klimaanlage leider nicht abgesaugt werden konnte, da Y. diese verstopft hat, um – kurz vor dem Erstickungstod stehend – bei Verkaufsleiter K. endlich den Grund für einen Arztbesuch zu bekommen.
Dieser konnte seine Bitte allerdings nicht platzieren, weil weiter vorn an der Kasse ein Heidengeschrei ausbrach. Fräulein D. und der Lederjackenkragenmann gaben sich nämlich ganz und gar der olfaktorischen Erdbeer-Spargel Duftwolke hin und kopulierten auf dem Kassen-Warenband wie zwei frisch verliebte Eichhörnchen. Das alles wäre schon schlimm genug, allerdings wurde sie Szenerie komplett durch den Minderjährigen Praktikanten S., der mit einer halbleeren Wodkaflasche in der einen Hand und mit den im Kopulationstakt schwingenden Warentrennungshölzchen in der anderen Hand das letzte Zirkuslied seines Praktikums flötete.

20:17
Abschlussbericht:
Abgesehen davon, dass der Supermarktparkplatz aussieht wie der Vorhof zur Hölle (Einkaufswagen stapeln sich in den Himmel, ein Kohlrabi flattert wie eine Windhexe über den Asphalt, Frau R. versucht durch das Ausstoßen satanischer Flüche, die Parkkralle von ihrem Pfandflaschenfluchtfahrzeug loszubekommen), ist es innerhalb der Verkaufsräume noch schlimmer. Dort verschanzen sich der armlose Y., der entnervte Verkaufsleiter K., die Zwillinge W. und W. und alle anderen, um von der GSG 9 in Empfang genommen zu werden.
Der Geschäftsleitung wird empfohlen, das Personal eventuell komplett auszutauschen.
Vielleicht sollte man auch einfach den kompletten Laden abreißen und woanders neu aufbauen. Wer weiß schon genau, wann die Wirkung des Spargel-Erdbeergemischs nachlässt.
Die Akte „Stasi in der Süßwarenabteilung“ wird hiermit geschlossen, der Auftrag als erledigt angesehen. So arbeiten wir hier bei

Rockford, Rockford und Rockford!