28.4.06

Pennys Wochenrückblick Folge 45: Hey, Hey, Hey und ne warme Buddel voll Caipirinha

Ich sag’s ja wie es ist, der Macho-Mann hat in der heutigen Zeit nicht viel zu lachen und scheinbar noch weniger zu melden.
Unrasierte und bierbauchige Kerle werden immer häufiger ausgelacht und verhöhnt, da können sie noch so laut „FRAUEN HINTERN HERD“ brüllen, die emanzipierte und kompetente Weiblichkeit von heute hat dafür nur ein Schulterzucken sowie ein „ach komm, Schätzchen, was soll ich hinterm Herd, die Knöpfe sind doch vorn“ übrig.
Von einem durchschnittlichen 3-Worte-pro-Stunde-Knilch könnte ja jetzt ein überdurchschnittlicher 15- Worte-pro-Stunde-Monolog folgen, in dem man(n) mit dem Zeigefinger in die imaginäre Vergangenheit zeigt – die eventuell aus ner hässlichen ockerfarbenen Blumentapete besteht, aber die hat ja auch in gewisser Hinsicht eine Vergangenheit – und auf rambohafte Rollenbilder von einst verweist, in der der Mummelgreis noch was zu sagen hatte und zwar ohne, dass die Frauenzimmer Widerworte gaben.

Piraten vielleicht.

Wir sinnieren: Früher aufm Schiff, da war noch alles toll.
Es durchpflügten die Pinassen Welle für Welle, halb mit dem Heck unter Wasser, denn der Schiffs-Kofferraum war voll bepackt mit dicken und schwerwiegenden Schatztruhen.
Der Kapitän des Schiffes stand am Bug und suchte den Horizont nach der total geheimen Insel ab, während die zwanzig Töchter aus des Gouverneurs erster Ehe in seiner Kajüte darauf warteten, dass er zurückkam, die furchtbar geheime Insel furchtbar geheim sein ließ, und sie nach allen Regeln des seeräuberischen Kamasutras beglückte.
Darauf muss der Dreibeiner von heute plädieren, er muss verwegen und verloren auf die Vergangenheits-Blümchen-Tapete schauen und extrem nachdenklich wirken, nur um dann urplötzlich mit der Faust auf den Mahagonitisch zu rummsen und zu brüllen:
„PIRAT! Ich sollte lieber Pirat sein!“

Tja, normalerweise würde sich dann die Frau auf den Küchenboden schmeißen und in angemessener Lautstärke um Gnade winseln, doch heute?
„Pirat willst Du werden? Na willkommen im Club der Schwuletten, für diesen Monat gibt’s keinen Sex mehr, Nacht!“
Denn seit dieser Woche ist es amtlich:
Piraten sind nicht männlich gewesen, zumindest nicht im Wortsinn dieses Jahrtausends.
Ja tatsächlich, die Freibeuter der sieben Weltmeere sollen allesamt warme Brüder gewesen sein.
Das erforschte Klaus Hympendahl und schrieb direkt ein Buch mit dem kaum zu glaubenden Titel:

„Sünde auf See – die erotische Geschichte der christlichen Seefahrt!“

Denn das Lotterleben lustiger Freibeuter mit unendlich vielen Weibern fand schlicht nicht statt. Über die Gründe kann man da nur mutmaßen, vielleicht ist es erblich bedingt, schließlich traut sich heut so manche Frau heute nicht mal auf nen Rheindampfer, da waren die Holzschalen von einst bestimmt nicht wesentlich beliebter.
Von der Illusion, dass kopftuchtragende Bösewichte in die nächste Hafenkneipe gegangen sind und versucht haben, anwesende Mädels mit ihren Schiffen inklusive getunten Chromrumpf zu beeindrucken, kann man sich also getrost trennen.
„Komm schon Baby, ich zeig dir mein Schiff…von null auf hundert in nur drei Wochen!“
Die Motive, auf so einen Kahn zu gehen, waren sowieso nicht von reicher Zahl. Man muss schließlich bedenken, Deo gab’s früher nicht und so ein Schiffsraum voller ungewaschener Piraten war vielleicht auch kein Kollektivtraum der weiblichen Gesellschaft damals.
Selbst die relativ gepflegten Piraten waren leider keine Mannquins im damaligen Sinne.
Holz am Bein und Haken an den Händen versprachen keinen schmerzfreien Geschlechtsverkehr zwischen Mann und Frau.
Und die Augenklappe? Viel zu überschätzt, zwinkert der Pirat der Frau mit dem Augenklappenauge zu, konnte die es logischerweise wegen der Augenklappe nicht sehen und wenn er das andere Auge zudrückte, wusste man nicht, ob der Pirat nicht auch eventuell schlief.

Und dann noch die Zähne. Diese Zäääähne. Die typische Sensodyne-für-den-Weltensegler-Werbung hätte vermutlich so ausgesehen: Ein Dentist hätte sich auf den Marktplatz gestellt und klug referiert „Wenn die Zähne bereits ein ungepflegtes Dunkelbraun annehmen, so spricht man vom Piraten-Lochfrass und von Stumpenbildung. Um zu verhindern, dass sie schwarz werden und ausfallen, nehmen sie jetzt Sensodyne, das macht ihre Zähne plank. Zur Unterstützung empfehlen wir, die Zahnzwischenräume mit einem handelsüblichen Schiffstau zu reinigen, nur in ganz harten Fällen sollte man zur Ankerkette greifen.“
Auch die nicht wirklich erstrebenswerte Zwieback-Algen-Geruchs-Mischung aus dem Piratenmunde leistete einen mikroskopisch kleinen Beitrag zur Heterosexualitätsentwicklung.
Nene, die Meute segelte alleine los, Leinen los, Hose auf, Leine raus.
Jetzt wird auch so langsam klar, wofür der Mann im Ausguck gedacht war, keine Feinde oder Inseln sollte er erspähen, nein, willige Frauen galt es am Horizont ausfindig zu machen.
Auf jeden Fall trieben die Fregatten auf dem Wasser und die Piraten unter Deck.
Ob man da schwul war oder nicht, spielte keine Rolle, mit dem Hintern an der Wand schlafen funktionierte angesichts von 40 Zentimeter breiten Hängematten eher selten.
Wobei man sich schon fragen kann, wie ein geordnetes Liebesspiel zwischen zwei Piraten in so einer Hängematte ablief, so mancher kommt ja heutzutage kaum ohne fremde Hilfe aus so einer alternativen Schlafgelegenheit heraus.

Der Autor des Piratenpornos konnte sogar noch nachvollziehen, in welch herrlich olfaktorischer Atmosphäre das bunte Treiben vonstatten ging:
„Dort stank es nach ungewaschenen Körpern, verwesten Ratten und Erbrochenem.“
Logisch, totes Ungeziefer, haarige Körper und Zwiebackkotze sind auch heute noch beste Vorraussetzungen für so eine kleine erotische Nacht unter Männern.
Angeblich waren übrigens Bart und Ringe untrügliche Zeiten dafür, dass man als Seeräuber auf andere Seeräuber abfuhr. Wenn man da als Hetero-Hochseebösewicht mal sein Rasierzeug vergaß, dann hatte man halt Pech.
Also, Machos dieser Erde, Piraten und Cowboys sind schon mal keine markanten Bezugspunkte mehr, an denen man sich aufrichten kann, wenn der Hausdrachen mal wieder verlangt, den Rasen zu mähen.
Natürlich hat das auch in anderer Hinsicht Konsequenzen, möchte der kleine Spross zu Karneval oder Halloween als Freibeuter oder schiesswütiger Dalton zur nächsten Party, muss man seiner Homophobie freien Lauf lassen und schimpfen: “Nix gibt’s, du kriegst das Gespensterkostüm und damit basta! Mein Sohn geht auf gar keinen Fall als rosaroter Kosar auf eine Teenieparty!“
Da ist man dann eigentlich auf der sicheren Seite.

21.4.06

Pennys Wochenrückblick Folge 44: Final Dancetination…Horror auf dem Tanzparkett

Alles neu macht der Mai, so sabbert der Volksmund, doch er verschweigt, dass neue Dinge nicht immer gut sein müssen.
Das „neue“ ist momentan die Tanzsendung „Let`s Dance“ auf RTL und auch gegenüber der landläufigen Feststellung, dass hier mal ein neuartiges Konzept ausprobiert wurde, bleibt festzuhalten:
Die Show ist überflüssig wie ein dicker Kropf am Hals.
Zunächst der Sinn: Nebend dem karikativen Zweck muss wohl davon ausgegangen werden, dass Hape Kerkeling und Konsorten im Teutonen die Tangolust wecken sollen.

Das ist löblich, denn viel zu häufig sitzen wir in Straßenbahnen und am Arbeitsplatz, stehen in Kaufhäusern an der Kasse oder beschäftigen uns mit binomischen Formeln und kommen einfach nicht auf den Trichter, was uns fehlt im Leben. Würde aber nun ein Tanzpärchen tief dekolltiert und pailettenglänzend an uns vorbeirutschen, würde die Welt schon anders aussehen. Warten im Supermarkt? Kein Ding, wenn die Kassiererin nen Moonwalk auf dem Warenband hinlegt.
Warum es unbedingt bedingt berühmte Prominente sein müssen, die da über das Tanzparkett huschen und nicht zum Beispiel die Lieselotte Sauerteig von nebenan, will sich nicht erschließen.
Klaro, man könnte meinen, dass auch noch der unbekannteste Promi interessanter als die Lieselotte ist, aber zum einen kennt heutzutage auch kaum jemand noch Jürgen Hingsen und zum anderen hat die Welt es meiner Meinung nach verdient, Lieselottes Feinripp-Tanga zu sehen.

Nun, die Sendung hat trotz aller Unkenrufe Zuschauer ohne Ende und bei RTL bildet man sich vermutlich die ganze Zeit ein, dass man da in eine Goldgrube gefallen ist und im RTL Shop in naher Zukunft von asiatischen Kleinkindern zusammengenähte billige Tanzkleidchen für teuer Euro verkauft. Du bist Deutschland, Du bist der Tscha Tscha Tscha.
Doch weit gefehlt. Unsere von innerer Zerrissenheit geplagte Nation tut sich nur aus einem einzigen Grund dieses Gezappel an: Sie will Frau Simonis scheitern sehen.
Fernsehdeutschland fährt also an diesem Unfall vorbei, steht im Stau und glotzt aus dem Seitenfenster.
Zunächst: Heise Simonis war mal Ministerpräsidentin von Schleswig Holstein, dann aber nach einer lustigen Wahl nicht mehr so ganz.
Schon damals machte Heide darauf aufmerksam, dass „sie als Ex-Ministerin ja keiner mehr auf der Strasse erkennen würde.“
Deswegen tanzt sie für RTL als mobile Körperwelten-Ausstellung den Falten-Foxtrott und scheint dem Begriff „Mumienschubsen“ eine ganz neue Richtung zu geben.
Der Herr Llabi in der Jury kann so viel Engagement im Alter allerdings weder nachvollziehen noch tolerieren, schüttet er doch nach jeder tänzerischen Darbietung derart viel Dreck über die Heide, dass RTL nen extra Tanzbodenschrubber engagieren musste.
Als Schreiber kommt man da schnell in Versuchung, den Eimer aufzufüllen und mitzukippen.
Aber Heide Simonis ist ein Orakel, sie ist fleischgewordene Zukunftsmusik (die vielleicht nicht immer gut klingt, doch was solls).
Wer ein bisschen Zeitung liest, der weiß, dass sich die demografischen Verhältnisse in Deutschland rasch ändern. In naher Zukunft wird es mehr ältere als junge Menschen geben, das Zielpublikum wird sich ändern und RTLs Lets Dance die zehnte wird vielleicht nur noch aus alten Politikern mit Tanzschuhen bestehen.
Deswegen ist der Hohn über Heide Simonis nicht vom Vorteil.
Junge Leiber zucken sowieso nicht im Walzertakt. Da muss man sich auch beim Kölner Kuschelsender nichts vormachen, der größte Teil der jungen Menschheit hat von Taktgefühl, im tanzenden wie im menschlichen Bereich, leider nicht viel Ahnung.

Und von Kinofilmen leider auch nicht.
Final Destination 3 möge da als gar grausiges Beispiel herhalten, dass nicht nur neue Konzepte die Galle in Wallung zu bringen vermögen, sondern auch altbewährtes und traditionelles.
Wer den Film noch nicht gesehen hat, der kann hier entweder aufhören, weiter zu lesen oder es dennoch tun:
Denn geändert hat sich nichts.
Auch im dritten Teil der Reihe, gibt es einen grausigen Unfall mit vielen Toten, den aber einige Teenies überleben. Auch in diesem Teil macht der Tod aber keine Kaffeepause, sondern schwingt die Sense so lange, bis auch der letzte Jungspund mit der Atmerei aufhört. Das wär ja jetzt nicht verwerflich, wenn wir das nicht schon zwei Filme zuvor bereits gesehen hätten, die Handlung die gleiche, nur die Orte variabel.
Final Destination 4 im Fahrstuhl? Oder von Politikern im Bundestag totgelabert? Durchaus möglich und machbar, nur leider nicht innovativer als ein schimmliger Küchenschwamm.
So schaut man gelangweit von Unfall zu Unfall, amüsiert sich, welch interessantes und kreatives Eigenleben so ein Gabelstapler zu verursachen vermag und wird zwischendurch nur durch Dolby-Surround-Todesschreie geweckt.
Tanzsendungen und Fortsetzungsfilme sollten gleichermaßen auf den Index der medialen Unzulänglichkeiten gesetzt werden.
An Filmen, die nicht den Horror eines zweiten Teils miterleben mussten, kann man es doch deutlich sehen:

ET ist da zu nennen, man sollte Spielberg auf Knien danken, dass dieser Kerl genug Knete hat, um nicht auf eine Fortsetzung des kleinen Knirpses angewiesen zu sein.
Der würde wieder auf der Erde landen, „ETET, muss nach Hause telefonieren“ murmeln und grummeln, ein kleiner Junge leiht dem Lilliplutoinaner sein Handy und – ZACK! – kommt das nächste Schiff und holt ihn ab.
Das könnte die komplette Filmhandlung ausgedehnt auf 2,5 Stunden sein und die Menschheit würde trotzdem wie blöde ins Kino rennen und hinterher 15,80 € für ne außerirdische Teetasse bezahlen.
Wir sehen also, falsch verstandene Innovation und aufgebackene Kekse schmecken nicht besonders gut. Deswegen müssen wir uns ranhalten und ein bisschen die Welt verändern, indem wir A) nur Konzepten eine Chance geben, die auch wirklich etwas taugen und B) alten Mist alten Mist sein lassen und schwören, nicht die Zeit mit so einem Unfug zu verschwenden.

In diesem Sinne, schönes Wetter noch…

14.4.06

Pennys Wochenrückblick Folge 43: Titan! Titan! Nix is mit Titan!

Schon damals hätte man die Zeichen doch eigentlich deuten können. Ein findiger Tarotkartenleser mit einer schwarzen und geheimnisvoll schnurrenden Katze auf der Schulter oder eine verschrobene faltige Frau, die in eine Kristallkugel schielt.
Es wäre schon möglich gewesen.
Nach einer Niederlage des FC Bayern vor ein paar Jahren in der Bundesliga kam Oliver Kahn kaugummikauend zum Interview und ließ den Satz fallen, der heute noch nachhallt:
„Eier, wir brauchen Eier!“
Das war doch ein Zeichen.
Ein Zeichen dafür, dass die Antwort auf die so entscheidende Frage, wer bei der WM 2006 den deutschen Abwehrsauhaufen zusammenhalten würde, irgendwann um die Osterzeit herum entschieden werden würde.
„Eier, wir brauchen Eier!“
Natürlich hatten wir es hier mit einer Frage von nationaler Sicherheit zu tun, die man auch nicht einfach mit einer Runde Flaschen drehen oder Schnick-Schnack-Schnuck zur Beantwortung führt.
Das wiederum fanden Pseudo-Experten (das deutsche Volk im Allgemeinen) und Möchtegern-Allwissende (eine Armada von Soccergelehrten angeführt von Ober-Guru Beckenbauer) gar nicht lustig. Analysieren war nicht schick und so forderte man den Bundestrainer vehement dazu auf, sich doch bitte zu entscheiden. Das könne doch gar nicht so lange dauern.

Doch es ward Konkurrenzkampf angesagt und die belebt ja bekanntlich das Geschäft.
Zunächst musste die sprechende Weisswurst Sepp Maier das Feld räumen, für faltige Torwarttrainer war in der Welt des modernen Klinsmanns keine Ecke frei.
Im Süden Deutschlands sah man da schon die dunklen Wolken der Verschwörung aufziehen, voll gestopft mit Blitzen voller Hass und Eitelkeit.
Die beiden Protagonisten Kahn und Lehmann lieferten sich von da an ein eindrucksvollen Fernduell und hielten zur Überraschung aller so manchen Ball und ließen zum Verdruss der Analysten aber auch so manchen rein.
Sachen gibt’s.
Aber der Jürgen wollte sich immer noch nicht entscheiden, wollte sich nicht festlegen, wer weiß, wer weiß, vielleicht bekommt Deutschland ja das Sonderrecht bei der WM im eigenen Lande und man darf zwei Torhüter ins Gehäuse lassen.
Zuletzt wurde man dann seitens der Bayern ein bisschen nörgelig und ungehalten.
So wurde Jürgen Klinsmann zum ungefähr achttausendsten Mal dazu aufgefordert, doch endlich bitte einen Namen zu nennen, „die ganze Bundesliga würde ja schon den Kopf schütteln!“
Als dann der Olli gegen Köln die Bälle im Stil einer verrosteten Bahnschranke nicht hielt, war der Moment gekommen.
Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer um den Erdball – ach was, bis in den schmutzigsten Winkel des Universums gelangte die Botschaft:

Oliverius Kahn III. wurde von Jürgen Klinsmann ans Lattenkreuz geschlagen.

Und das zu Ostern.
In der BILD hustete man auch sofort wieder eine Alliteration aufs Titelbild:
Klinsi killt King Kahn.
Die nehmen da wohl auch kreativitätsfördernde Drogen, was?
Ganz München wurde lahmgelegt, die blau weisse Fahne wehte auf Halbmast.
Ja, Jürgen Klinsmann hatte sich schnell entschieden, da war man zufrieden…ABER DOCH NICHT SO!
Schweini und Ballack taumelten vom Schock ergriffen in die Allianz-Arena, um dem gekreuzigten Olli die Füsse zu waschen und ihm ab und zu eine Banane hochzuwerfen.
Drei Tage später nahm man ihn runter vom Kreuz und trug ihn ins P1, um ihn dort auf der Tanzfläche ehrenvoll zu bestatten.
Jeder rechnete nun mit dem endgültigen Tod des Titans, er wurde zur Titanic, mutmaßte man, er wird zurücktreten, nie mehr wiederkehren, die WM mit chipsgefülltem Bauch und vollgerotztem Taschentuch vor dem Fernseher verbringen und niemals wird ein Kind mehr seinen Namen schreien: „OLLLLLIIIIII!!!“
Doch, hey…es ist Ostern.
Zeit für ne ordentliche Wiederauferstehung.
Der Olli kommt nämlich mit.
Nix Titan, als Nummer zwei setzt er sich auf die Bank und stellt sich da ganz in den Dienst der Mannschaft.

Sepp Maier weißwurstelt indes aber weiter, als hätte er es gar nicht mitbekommen.
Zitat: „Logisch war das ein abgekartetes Spiel, ein linkes Spiel, der heißt nicht mehr Klinsmann bei mir, sondern Linksmann.“
Unabhängig von der Tatsache, dass wir alle einer Weißwurst ein derart lyrisches Potential in tausend Jahren nicht zugetraut hätten, können wir froh sein, dass der Olli ein Torhüter weißer Hautfarbe ist. Der Sepp hätte den "Klinsmann" noch zum "Rechtsmann" gemacht und schon wäre das Chaos perfekt gewesen.
Auch Lothar Matthäus, der immer ein bisschen Ähnlichkeit mit einem Frettchen hat, das nur zum Fressen aus seinem Loch kommt, meldete sich bayernschleimend zu Wort.
Er halte die Entscheidung von Klinsmann für falsch.
Kann man nachvollziehen, schließlich wird man als Lehmann-Symphatisant auch kein Greenkeeper bei Bayern München.
Aber von einem abgekarteten Spiel kann ja auch keine Rede sein, denn die Sport Bild hat erfahren, dass der Jürgen und der Jogi sich monatelang auseinandergesetzt haben mit der Frage, wer nun die Bälle in der Vorrunde reinlässt.
Sie haben eine Akte angelegt und zwar die Akte Kahn 06 (hier lässt sich schön erkennen, für wie blöd manche Zeitungen das deutsche Volk doch halten. Akte Kahn 06, ja sicher 06, was denn bitteschön sonst?)
Dort wurde der Torhüter von oben bis unten durchanalysiert in Fachbereichen wie Nervenstärke, Belastbarkeit, Mitspiel-Faktor usw.
Da fehlt doch eigentlich der Punkt „Betragen“:
„Oliver steht gern im Tor, wird allerdings manchmal ein bisschen ungehalten, wenn es nicht nach seiner Nase geht. Hat er einen guten Tag, ist der Olli der, der wo einen gegnerischen Stürmer den Ball vom Fuss brüllt. Hat er einen schlechten, frisst er auch mal einen eigenen Abwehspieler am Stück, wenn man nicht genau aufpasst.“
Letztendlich war Jens Lehmann einen „Tick“ besser und wurde WM Torhüter, eigentlich kann man das doch einfach hinnehmen und sich wieder seinen eigenen Problemen widmen.
Warum man aber um Oliver Kahns Degradierung einen derartigen Trauerzirkus und bei seiner Rückkehr als Nr. 2 ein Freudenfest veranstaltet, ohne endlich darüber froh zu sein, dass wir in Jens Lehmann nun eine Nummer eins haben, die es anzufeuern gilt bei der WM:

Das wird eins der letzten Geheimnisse bleiben, das nicht mal der allwissende Franz uns zu erklären vermag.


Frohe Ostern!

6.4.06

Pennys Wochenrückblick Folge 42: Jetzt gibt’s aufs Maul! Schulreform ganz hart!

Ach, was wollte ich hier nicht diese Woche alles schreiben. Wollte reflektieren und wiedergeben und Eindrücke vermitteln. Wollte draufzeigen auf die Probleme dieser Woche und „Da! Da! Da!“ stammeln. Wollte Informationen preisgeben, woher der Name Rütli eigentlich stammt.
Mach ich jetzt aber nich, stattdessen veröffentliche ich diesen Brief:

„Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Kultusminister.
Wir möchten Stellung nehmen zu der in den letzten Tagen unserer Ansicht nach ausufernden Presseberichten seitens unserer Hauptschule und einige Dinge gerade rücken.
Da ist wohl so einiges missverstanden worden und so möchten wir zu Beginn erwähnen, dass wir unseren Brief – im Gegensatz zu den Pädagoginnen und Pädagogen - nicht angezündet haben, bevor wir ihn wegschickten.
So was würde auch wenig Sinn machen, da die deutsche Post unserer Meinung nach keine brennenden Briefe verschickt und das nicht nur, weil man die Briefmarke nicht mehr erkennen kann.
Ausgehend von der These, dass wir es hier mit einer schmutzigen Kampagne seitens der Lehrerschaft unserer Schule mit Unterstützung einer großen deutschen Boulevardzeitung zu tun haben, werden wir mit diesem Brief Aufklärungsarbeit leisten.

Zunächst: An der Rütli-Hauptschule gibt es keine Gewalt…zumindest keine, die nicht auch an anderen Schulen stattfinden würde. Natürlich haben wir es hier und da mit Pausenhofkeilereien zu tun, aber da geht’s doch schon los, wenn ein Schule diffamiert wird, nur weil zwei ihrer Schüler sich nach dem Pausengong die frischesten Kickbox-Tricks zeigen, kann man schon von Übertreibung reden.
Auch dass die Lehrkörper immer ein Handy dabeihätten, um im Notfall nach Hilfe zu rufen, ist leider nur der Wahrheit Hälfte, die da präsentiert wird.
Natürlich hat Frau Krümel-Sauerbier ihr Samsung immer mit und immer an (wir dürfen das nicht), aber der einzige Notfall, den sie damit bis jetzt gerufen hat, ist „der Willi“, der dem Herrn Krümel nicht näher bekannten „Bums-Freund“ von Frau Krümel-Sauerbier darstellt.
Frau Krümel-Sauerbier ist leider nicht eine der intelligentesten Lehrerin an unserer schönen Schule, anders ist der Umstand wohl nicht zu erklären, dass die mit „dem Willi“ immer Telefonsex vor unserer Klasse hat…in der offensichtlichen Annahme, dass wir nicht ein einziges Wort verstünden. Ist schon ne ulkige Braut, die Frau Krümel-Sauerbier.

Dann die Sache mit den Mülleimern. Klar fliegen die auch mal durch die Gegend. Wir müssen den Kram ja selbst runterbringen zu den Trenntonnen und wenn wir dann auf dem nicht gereinigten Pausenhof (es st ja kein Geld für den Hausmeister da) auf Bananenschalen ausrutschen, ist das ja wohl noch lange kein Grund uns Vorhaltungen zu machen, wenn mal ein Mülleimer durch die Gegend fliegt. Knallt dieser Eimer dann gegen den Kopf eines Mitschülers, sollte man das doch eher mit höherer, statt immigrierter Gewalt erklären, also wirklich.
Dann unser Chemielehrer, der Herr Grünwald. Der hat den so genannten Brandbrief ja ebenfalls unterschrieben, dabei hätte der einen Aufenthalt in einem Kittchen am nötigsten von uns allen.
„Klaro könnt ihr ganz leicht Bomben bauen, dafür brauch man auch nicht viel, eine Tube Uhu, einen Plastikbecher und n paar Schrauben ausm Baumarkt, hihihi!“
Und sie wollen behaupten, dass WIR das Problem wären?

Auch die mediale Gewalt auf unseren Mobiltelefonen ist ein viel besprochenes Thema unserer heutigen Zeit, dabei wird aber immer außer acht gelassen, dass wir schon seit Wochen Anträge stellen, uns für die Schule mit Nokias 3210 auszustatten, sie wissen schon, gute alte Handys mit schwarzer Schrift auf grünem Display und ein-Stimme-Dolby-Surround. Sie müssen nämlich wissen, nach dem achtzigsten „auf die Fresse“-Video setzt ein dezenter Hang zur Langeweile ein.

Aber gut, der Brief wurde geschrieben und die Kameraleute rückten an, als wenn es von gesteigertem Interesse wäre, sich ordinäre Hauptschüler anzugucken, als wenn’s ne besondere Alienrasse zu bestaunen gäbe.
Die Leute von der BILD waren da besonders aggressiv unserer Meinung nach, denn der Aufforderung, unsere Gesichter in die Fotoapparate der Reporter zu halten, wurde nicht sofort Folge geleistet, was die Journalisten derart in Rage versetzte, dass sie ihrer Wut kein anderes Ventil geben konnten, als mit Einwegkameras auf uns zu schmeißen.
Keine gute Kinderstube, aber was will man machen.
Der Unterricht, der an unserer Schule ja angeblich nicht viel bringen soll, ist desaströs.
Herr A. Men, unserer Religionslehrer ist da leider ein negativ leuchtendes Beispiel. Nicht nur, dass der ehemalige Gothic-Fan uns ständig weismachen möchte , dass Jesus kopfüber ans Kreuz genagelt wurde, auch von anderen Religionen, hat Herr Men nicht viel Ahnung, wir sind schließlich nicht komplett blöd und uns wohl darüber bewusst, dass Rainer Calmund NICHT der erste Buddha war.
Auch nach Durchsicht der BILD-Zeitung in dieser Woche sind wir in der Schülerschaft zu der abschließenden Meinung gekommen, dass sie nicht gerade zur intellektuellen Förderung dieses Landes geeignet ist, denn die Meldung „Jesus konnte gar nicht übers Wasser laufen, US Forscher behauptet, es war Blitzeis“ ließ uns schallend lachend zurück, nachdem wir in der Bibel nirgends etwas über eine Steißbein-Prellung von Gottes Sohn gefunden haben.

Ein letzter vollkommen unberechtigter Kritikpunkt seitens der Lehrer und der Gesellschaft im Allgemeinen ist ja unsere Sprache, die von einigen verteufelt und ghetto-isiert wird. Natürlich fallen bei uns Sätze wie „Ey, gehst Du Samstag Disco?“, aber wer nicht begreifen kann und will, dass diese reduzierte Sprechweise nur dazu dient, die Einatmung von Feinstaub und Asbest auf ein Minimum zu begrenzen, ist wohl nicht in der Lage über den Untertassenrand seiner erbärmlichen Existenz hinwegzusehen.
Das müssen dieselben Leute sein, die direkt von unserer Schulproblematik auf ganz Deutschland schließen. Klar, wenn Ali Junior in der Penne nicht gut drauf ist, dann kann mit dem Döner-Imbiss des Vaters auch was nicht stimmen.
Es folgen Forderungen der Politiker, die Multi Kulti für gescheitert halten (was ihnen wohl vorher nicht bewusst war) und die unbedingt für die Wiedereinführung der Prügelstrafe plädieren, was ja auch durchaus Sinn macht, uns wird da allerdings nicht klar, wie das gehen soll, die Frau Krümel-Sauerbier mit ihrem Humpelfuß gegen unsere vitale Klasse.
Übrig bleiben nur ein paar Leserbriefe mit so neuartigen Sätzen wie „wir haben schon immer gewusst, dass es mal so kommt“ undsoweiterundsofort.
Lösungsansätze? Na, da müssen Sie sich schon Gedanken machen, wir sind schließlich nur Hauptschüler. Aber ein paar schöne feuerfeste Mülleimer wären ganz nett.
Und schusssichere Tapeten.
Vor allem für den Chemieraum.






Mit freundlichen Grüßen

Ihre Rütli-Hauptschule.“

Zuletzt noch ein bisschen Werbung für den Magnus. Magnus ist ein guter Kumpel aus Dortmund, der aber momentan lieber in Australien verweilt. Wenn wir alle ganz viel Glück haben, dann schleppt uns der Magnus nach seinem einjährigen Aufenthalt in Down Under nicht den Känguru-Durchfall an, eine höchst unangenehme Weiterentwicklung der Vogelgrippe.
Ansonstn ist der Magnus so nett und hinterlässt uns seine Eindrücke aus Australien in einem schicken Weblog der da http://magnusinaustralien.blogspot.com/ heisst. Schaut mal drauf, es lohnt sich

So, bis nächste Woche.







Magnus!