29.9.06

Pennys Wochenrückblick Folge 67: Es schneit, es schneit, kommt alle aus dem Haus...

HINWEIS:
Hallihallo. Diese Woche war ich aktiv und hab mir erlaubt, zwei Wochenrückblicke online zu stellen. Es gibt also eine Menge zu lesen und unter diesem Rückblick gibt es gleich den nächsten. Kommentare sind natürlich wie immer gern gesehen. Viel Spaß!

MrPennywise






Da! Schaut doch! Er kommt direkt auf mich zu! Ein Bekannter, der mit mir über das Wetter reden will. Rettet mich! Bringt mich weg von hier…sonst schreie ich!
Die Jahrhunderte ratterten jahrhundertelang ins Land und eigentlich müsste die Erkenntnis gereift sein, dass sich an Petrus Launen kaum etwas ändern lässt, still und starr lässt der Knabe es regnen, schneien und stürmen, wie es ihm gefällt. Und trotzdem kommt mein Bekannter auf mich zu und sagt:

“Das’n Wetter heute, was?“

Ich weiß leider nie, was ich auf eine derartige geschlossene Frage erwidern soll, ja sicher, ist schon n Wetter heute, aber wenn wir ehrlich sind, dann ist eigentlich jeden Tag Wetter und zwar so ziemlich überall und auch zu jeder Zeit. Will ich dem Bekannten erklären, dass er sich doch bitte bessere Lückenfüller für unsere Smalltalkpausen ausdenken möge, geht’s schon weiter:

„Sag mal, hast Du das Wetter etwa bestellt?“

Natürlich hab ich das, im Katalog auf Seite 14.
Regnet’s noch oder hagelt’s schon?
Dann hab ich die Wetterhotline angerufen: „Bitte haben sie einen Moment Geduld, alle freien Plätze sind momentan belegt“ obwohl ja jeder weiß, dass belegte Plätze nie frei sein können, sie können nur das eine oder das andere sein, doch nie beides zusammen. Ein Hotline-Paradoxon. Während ich darauf warte, dass aus einem belegten freien Platz ein freier freier Platz wird, höre ich kundenabgestimmte Musik, „durch den Monsun“ von Tokio Hotel.
Dann wird ein belegter freier Platz endlich frei und ich kann meine Bestellung abgeben, bitte vier gut durchnässte und möglichst graue Wolken mit fiesem und depressivem Dauerregen.
Ohne Sonne? fragt die Hotline-Dame. Ohne Sonne, entgegne ich.
Ob ich noch zum gleichen Preis ein bis zwei Blitze dazubekommen möchte, die wären momentan zur Eröffnung als Dreingabe mit abzugeben? Ich denke darüber nach, dass mein Bekannter letztes Jahr versäumt hat, mich zu seinem Geburtstag einzuladen und willige ein.
Lieferadresse? Alles zum Bekannten bitte.
Direkt in seinen Garten? Ja, direkt in seinen Garten. Herzlichen Dank, ja Zahlung per Bankeinzug, einen schönen Tag noch.
Vielleicht gibt es ja wirklich so eine Bestellhotline und ich hab einfach bisher immer die Nummer übersehen, wer weiß.

In Zukunft kann der Laden aber bestimmt dicht machen, weil ein findiger Erfinder bauchladenförmige Wettersteuerstationen für Individualisten anbietet. Das wäre doch ne klasse Sache. Nicht nur, dass Lieferzeiten entfallen, man hat das Wetter schließlich direkt bei sich, nein, auch die Telefonkosten sinken. Einen Schalter umgelegt und ein bis zwei Knöpfe durchgedrückt und schon könnte man die neuen Langlaufskier direkt im Sporthaus ausprobieren. Wer den ganzen Zinnober hinterher wieder wegmacht? Das zu klären bedarf es einer Erweiterung deutscher Gerichtsgebäude, denn da werden Klagen kommen von Menschen, die auf Schneeflächen im Sporthaus ausgleiten und sich den Steiß prellen, weil unter normalen Umständen dort kein Schnee liegen dürfte.
Auch im Supermarkt erfüllt so ein schönes Maschinchen seinen Zweck. Wem ging es nicht schon mal so? Unter brütendheißen Temperaturen flippfloppt man hauchdünn und beschwingt bekleidet in den örtlichen Aldi und will nur mal eben schnell ein Pfund Quark für den Sonnenbrand kaufen. Steht man dann vorm Kühlregal, wird’s aber plötzlich frostig und eine Schnupfen mit Wahnvorstellungen verursachendem Fieber droht, aber kein Ding, man hat ja seinen WeatherPod dabei, drei mal draufgedrückt und schon scheint eine kleine Miniatursonne auf den Mozarella im Sonderangebot. In der Nähe von Wurst, Käse und Konsorten wird’s schlagartig ein paar Grad wärmer, die Erkältungsgefahr ist vorbei. Doch da kommt von hinten der Supermarktleiter angerannt, so gehe das nicht, meckert er schnaubend, ebenfalls eine Wettermaschine um den Bauch geschnallt.
Die Wurst werrde doch schlecht und überhaupt, man solle doch die allgemeinen Geschäftsbedingungen lesen, KEINE Wettermaschinen im Lebensmittel-Bereich. Doch der Kunde flippfloppt wütend auf den Verkaufsboden und dreht die Sonne auf 40 Grad, worauf der Filialleiter mit Schockfrost kontert. Ein erbitterter Kampf folgt und die Gerichte? Haben wieder mehr zu tun.
Bestimmt sind schon Prototypen dieser Höllenmaschinen im Umlauf. Irgendein fieser Zeitgenosse, vielleicht ja sogar mein Bekannter, wer weiß, dreht Hebel und drückt Knöpfe, keine 10 Minuten nach dem ich mein Auto gewaschen habe. Da ich den Kerl allerdings nie auf frischer Tat ertappe, haben deutsche Gerichte ihre Ruhe.
Nachmittags in der örtlichen Frittenranch dann das nächste Unheil. Mein Bekannter schlägt verbal zu, ohne Vorwarnung und knüppelhart.

„Du hast ja dein Pommes-Schälchen gar nicht leer gegessen, so kann das ja auch nix werden mit dem Wetter.“

Mit einem strengen und überaus eifrigen Blick versuche ich, meinem Bekannten die Lippen zusammenzukleben, aber meine Kenntnisse in Telekinese sind nicht ausgereift genug. Mein Einwand, dass es dem großen Petrus bei der tagtäglichen Wetterentscheidung vermutlich so was von Latte ist, ob noch Pommesreste in meinem „Schälchen“ kleben, interessiert ihn gar nicht. Huscht also am nächsten Tag eine der wirklich seltenen Windhose durch Deutschland, die hier und da ein bisschen Unordnung verursacht, darf ich mich auf einen Anruf des Bekannten einstellen:
„Siehste, hab ich’s dir doch gesagt! Schälchen nicht leer gegessen!“
Ich leg dann auf und fühle mich spontan schuldig.
So
schuldig, dass ich den Geschädigten die Rechnung für ihre zerwirbelten Dachziegel bezahle, fühl ich mich nun aber auch wieder nicht. Denn diese Mär der Tellerleeresserei ist eine schimmlige und alte Wurst. Wieviel geplagte Kinder dieser Erde mussten sich wohl den Bauch voll schaufeln in Aussicht auf miese Wolken, nur um das egoistische Wetterdenken ihrer Eltern zu beruhigen?
Indes wieder „mein Problem“. Fahre ich in den Urlaub, brüllt mir der Bekannte beim letzten Treffen noch hinterher:
„Und bring Sonne mit!“
Dieser egoistische Sack. Statt mir ne gute Erholung zu wünschen, wieder nur Wetter, Wetter, Wetter. Wenn der kanarische Sonne will, soll er doch gefälligst selbst ins Reisebüro gehen. Unglaublich.
Wie stellt der sich das eigentlich vor? Ich beim Rückflug mit Koffer und Handgepäck am Flughafen und hinter mir, an ziemlich dicken Stahlseilen, die gute alte Sonne?
Zerknirschtes, zerbrutzeltes und verkohltes Flughafenpersonal erklärt mir dann im geduldigsten Spanisch, welches man Teutonen wie mir zumuten kann, dass ich die Sonne gern mitnehmen könne, wenn ich denn den Gepäckaufschlag bezahlen würde. Da meine Geldbörse keine 10 Billiarden Euro enthält, muss ich die Sonne wieder raus bringen und mein Bekannter hat Pech gehabt. Dafür bekomm ich dann zu Hause als Dankeschön direkt wieder Hagel, wenn ich mein Auto wasche.

Doch am unerträglichsten wird mein Bekannter im Winter, wenn es schneit. Dann kommt er zu mir, missmutig schaut er drein und raunzt mich an, als wäre ich Frau Holle persönlich:

„Also wenn’s schneit und liegen bleiben würde, das wäre ja schon toll. Aber dieser widerwärtige graue Modderschnotz, der von schmutzigen Winterreifen an den Straßenrand geschleudert wird, der versaut mir echt den Tag!“

Das ist dann der Moment, in dem ich für den Bekannten flugs ins Reisebüro hetze, ihm ein Zugticket in die Alpen kaufe, damit er auch mal sieht, was echter Schnee ist. Ich winke ihm noch nach mit den Worten:
„Bring bloß keinen Schnee mit und die Sonne kannst du auch gern da lassen!“
Und dann suche ich mir einen neuen Bekannten.

Pennys Wochenrückblick Folge 66: Wenn wir nach Entenhausen fliegen, will ich auch was Warmes essen!

Ach, ich weiß schon gar nicht mehr, wo ich es genau gelesen habe, in welcher Lokalität! Da stand es Kreide auf Tafel, angekündigt wurde ein Loriot-Leseabend und darüber stand das Zitat:

„Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das während des Fluges eine warme Mahlzeit zu sich nehmen kann!“

Ob nun dies weise Sprüchlein wirklich von Loriot stammt, ließ sich an Ort und Stelle nicht überprüfen und auch ob der große Komiker selbst zu dieser Lesung erscheinen würde, war nicht rauszubekommen.
Aber darum geht es hier auch nicht, sondern um den Eindruck, den derartige Sätze hinterlassen.
Der ist zunächst gewaltig.
Huihuihui, denkt man, warum bin ich bloß nicht so clever, derart essentielle Sätze auf die Menschheit loszulassen. Aber lässt man so ein Zitat ein bisschen in der mit schweren Eisenrahmen beschlagenen Mottenkiste des Kopfes versauern, um ihn später rauszufischen und gegen das Licht zu halten, wundert man sich. Man stellt fest, dass so ein Satz auch viel Unsinn beinhaltet und man nicht drum rumkommt, ihn differenzierter zu betrachten.

Zunächst ist er viel zu allgemein gehalten. Als Beleg für diese These soll doch bitte ein Manager eines großen Konzerns vortreten, am besten einer dieser beliebten Firmen, die sieben Trilliarden Euro Gewinn im ersten Geschäftsquartal gemacht haben, nun aber aus Wettbewerbsgründen leider den Hausmeister der Tiefgarage entlassen müssen.
Dieser agile Manager, hoch gewachsen, mit einem Aktenkoffer voll wichtiger Dokumente und einer Schrittfrequenz von 260 Metern in der Minute stürmt auf eine nach unten fahrende Rolltreppe hinzu, um eine alsbald hinfort huschende U-Bahn zu erhaschen. Ich weiß, ich weiß, Manager fahren keine U-Bahn und „huschen“ und „haschen“ in einem Satz klingt gewöhnungsbedürftig, aber der Dienstwagen des Herrn Managers war kaputt und zusammen mit meinem Synonymwörterbuch in der Werkstatt.
Blöd, dass sich auf der ersten Stufe in all der Hast die recht teuren Schuhe des Managers furchtbar ineinander verkeilen wie verliebte Footballspieler und er sich nun auf einen nicht erfreulichen Weg nach unten machen muss, wo er an scharfen und kruppstahlgehärteten Rolltreppenkanten Bekanntschaft mit einigen Gesetzen der Physik machen wird.
Da unser Manager-Dummy vor dem Aufprall nur geschätzte anderthalb Sekunden in der Luft verweilen dürfte, verlangsamen wir die Situation, er segelt also horizontal durch die Luft, wirbelt mit den Armen, die Krawatte flattert und der Gesichtsausdruck ist nicht gerade von fröhlicher Natur. Hier drücken wir die Pause-Taste und wollen nun die Blaupause von Loriots Zitat drüber legen:

„Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das während des Fluges eine warme Mahlzeit zu sich nehmen kann!“

Ich will nicht ungebührlich, respektlos oder über alle Maßen pessimistisch erscheinen, aber die erste warme Mahlzeit des Managers könnte vermutlich erst nach einer hohen Schlagzahl komplizierter zahnärztlicher Behandlungen erfolgen und bis dahin gibt’s wohl Astronautenzeug aus einem Plastikschlauch.
Loriotanhänger, die nun ihr Idol bis aufs Blut verteidigen wollen, können natürlich gern eine Hostess im Bild installieren, die auf der gegenüberliegenden und nach oben schleichenden Rolltreppe mit einem Teller Dampfenden bereitsteht, auf dass der fliegende Manager während seiner Flugphase flugs Allzweckbesteck aus dem Sakko zieht, um der mild lächelnden Hostess das Schnitzel vom Teller zu entfernen, hinein zu beißen und dann mampfend weiter nach unten zu stürzen.
Naja.
Eine nette Theorie, allerdings weniger wahrscheinlich als kreativ.
Trotzdem: Bestünden die Fans des Komikers auf ihre Hostessentheorie, die sie auch deswegen schon verteidigen würden, weil so ein Manager mit Trilliardengewinn bestimmt keine Probleme damit hätte, an allen Rolltreppen der Welt für den Extremfall Hostessen mit warmem Futter zu platzieren, würde ich mein nächstes rhetorisches As aus dem Hut logischer Erklärungen hervorziehen.
Denn wer will widersprechen, wenn ich – aufgepasst - behaupte, dass eine Ente durchaus in der Lage wäre, während eines Fluges eine warme Mahlzeit zu sich zu nehmen?
Hoffentlich niemand.
Denn man bräuchte dazu lediglich eine Ente, eine nette und tolerante Fluggesellschaft, wenig schreckhafte Saftschubsen und eine auf Enten abgestimmte Plastikschale, die das Erpel-Essen enthält, welches das Tier während eines Linienfluges zu sich nimmt.
Schon müsste man den Satz ummodellieren, Loriot wäre in der Pflicht anzurücken, mit Vokaltütchen, Konsonantenpakten und Kommata-Behältnissen, um den Satz gehörig zu überarbeiten.
„Der Mensch, ja und auch die Ente sind die einzigen…!“
Hätten sich die Gemüter beruhigt, würde ich wieder den Finger heben und nur lässig sagen:
„Und was ist mit Katzen?“
Tja, und schon hat es sich mit dem schönen und essentiellen Zitat.

Ach und wo wir gerade bei Enten sind. Da gibt es auch so einen Satz. Stand sogar im FHM-Minijahreskalender, neben der halbnackten Lucy aus Schweden, 22 Jahre alt.
Das Quaken einer Ente erzeugt kein Echo.
Ist das nicht der Hammer?
Ein Knüller?
Ich hatte dann immer so ein Ganter vor Augen, der vor einer furchtbar großen Höhle hockt, fröhlich in diese hineinquakt und das Ausbleiben eines Echos mit einem kecken Kichern quittiert.
Schöne Vorstellung, doch an Erklärungen mangelte es mir trotzdem, lediglich die hastig zusammengeschnitzte Theorie, dass es der Ente irgendwie gelingen würde, ihren Quak-Schall nach innen zu leiten, hielten mich davon ab, einfach nur mit den Schultern zu zucken und zu sagen „Sie produziert nun mal kein Echo und gut ist!“
Was mich aber nicht müde werden ließ, den Quak-Echo-Satz überall breitzutreten:
„Hey, wusstest du schon das neueste, das Gequake von Enten produziert kein Echo!“ fiel recht häufig und die Gesichter warfen den erwartet staunenden Ausdruck gegen meine Augen.
Und jetzt muss ich lesen, dass das nicht stimmt. „Quak“ gibt’s doch als Echo, so wie „Muh“ oder „Scheiß Mehrwertssteuererhöhung“ auch. Bei der Ente sei es aber nun mal so, dass ihr Geschnatter ein Ton ist, der nicht abrupt endet, sondern sanft ausläuft und dieser somit eine Vereinigung ein- und letztlich damit untergeht.

Da hab ich nun den Salat, auf Partys oder sonstigen Veranstaltungen werden die Menschen bei meinem Erscheinen komisch gucken, hinter vorgehaltener Hand werden sie gackern und auf mich zeigen wenn ich gerade mal nicht hinschaue
„Da ist doch der Typ, der die bekloppte Ententheorie hat. Wegsperren sollte man so was!“
Nun gut, ich zuck noch mal mit den Schultern und nehme alles zurück. Auch gegenüber allen Liebhabern von Flussvögeln.
Sorry.
Man sieht also, es lohnt sich häufig, ein bisschen genauer hinzuschauen, Dinge zu hinterfragen, damit man dann auch mal andere Schlüsse ziehen kann.
Da hier nun heute aber ein Zitat von Humor-Großmeister Loriot ad acta gelegt wurde, muss ich flugs ein neues erfinden, bevor die Menschen mir Pillenrezepte gegen Größenwahn ausstellen möchten, weil ich es gewagt habe, ungefragt an Sätzen berühmter Menschen herumzumauscheln.
Na gut. Hier ist eins von mir:
„Der Mensch ist vermutlich das einzige Lebewesen, welches blöd genug ist, scharfkantig glitzernde Rolltreppen nicht mit weichem und kuscheligem Fell zu überziehen, um das Verletzungsrisiko des Einzelnen auf ein Minimum zu beschränken!“
Blöd hier ist nur: So ein Satz passt auf keine Tafel, wenn ich mal irgendwann ne Lesung halten sollte.
Also fällt die Lesung aus und Loriot hat nun doch am Ende gewonnen.
Glückwunsch.

22.9.06

Pennys Wochenrückblick Folge 65: fachfräuliche Keksentkleidung und andere Fetische

Jeder Mensch hat ja so seine Macke, das kann keiner bestreiten.
Und es macht die Menschen ja auch interessant, strunzlangweilig wäre es, wenn alle nur Briefmarken sammeln und mit Fallschirmen aus Flugzeugen springen würden.
Dann wären die Parkanlagen des Landes im Sommer voller Leute, die bäuchlings auf der Wiese liegen und gezacktes, buntes Getöse in dicke, schwarze Alben kleben und dabei aber gleichzeitig ständig sorgenvoll zum Himmel blicken müssten, ob ihnen nicht eventuell einer der zweitausend Hobbyspringer mit einem Bruch des dritten Halswirbels droht. Deswegen ist es wunderbar dass jeder andere Hobbys und Macken hat, so gehen sich die meisten Leute prima aus dem Weg.
Es ist – wie so häufig – aber auch vom Geschlecht abhängig, in wie weit ein Spleen zur Belustigung der Bevölkerung beiträgt.

Als Beispiel sei hier der Verzehr von Schokokeksen durch Mann und Frau genannt:
Bei Männern ist der Fall ziemlich klar, der Leibnizbutterkeks mit Schokoüberzug wird aus dem Supermarktregal entführt, es wird an der Kasse bezahlt, zu Haus wird die Packung unsanft aufgerissen, der Keks wird entfernt und mit ein bis zwei Bissen zerknuspert. So findet der Keks den schnellen Tod im Magen des maskulinen Gourmets. Eine einfache Angelegenheit, über die es sich zu berichten nicht weiter lohnt.
Doch jetzt die Frau: wer eine Dame beim Verzehr von Keksen beobachten will, tut gut daran, sich etwas Bequemes anzuziehen, es sich gemütlich zu machen und einen großen Zettel für etwaige Notizen bereitzuhalten.
Zunächst reißt die Frau die Kekspackung nicht einfach wie ein ungeschulter Grobian auf, nein, mit sorgfältig manikürten Fingernägeln ist schon das harmlose Öffnen einer unschuldigen Kekspackung ein stilistisch eindrucksvoller Akt, zu dem man auch problemlos Tschaikowskys Schwanensee spielen könnte. Als nächstes wird das Gebäck aus der Packung entfernt – ja, eigentlich gerettet – und dann kann’s eigentlich schon losgehen. Denn die Frau mit der Keksmacke kann es einfach nicht ertragen, den Keks so zu essen, wie er hergestellt wurde.
Beim Butterkeks mit Schokoüberzug sieht es dann so aus, dass dann erstmal die 52 Kakao-Zähnchen drum herum abgeknabbert werden. Narg, narg macht es da, die Schneidezähne in tiefstes Braun getaucht hat Frau die Runde überstanden und beißt nun zärtlich in den Rest des Kekses.

Bei der Prinzenrolle hingegen wird zunächst die obere Hälfte mit weniger Schoki fachmännisch entfernt, gerade so, als wenn man einem Patienten mit Gedächtnisstörung aufs Hirn schauen will und zu diesem Zwecke die Schädeldecke wegsägt. Dann die Analysephase – auch abhängig vom Geschmack – und die Frage, auf welcher Seite nun mehr Schokolade ist. Die „trockene“ Seite wird dabei zuerst verzehrt, mit gelangweiltem Gesichtsausdruck, aber es kommt ja noch das Highlight, die Seite mit ganz viel Schoki und da wird zunächst genussvoll drübergeleckt, ganz wie die Briefmarkensammler machen’s die Keksdamen, nur mit dem Unterschied, dass das Gebäck partout nicht in ein Album geklebt wird.
So etwas kann sich bei einer ganzen Packung schon mal einige Minütchen bis Stündchen hinziehen und die Gebäckhersteller dieser Welt sollten sich schon mal die Frage stellen, warum riesige Maschinen in noch riesigeren Fabriken eine Heidenarbeit darauf verwenden, Kekse in liebevoller und vorprogrammierter Detailverliebtheit zusammenschrauben, wenn so manche Frau zu Haus am Endprodukt plötzlich den umgekehrten Weg geht.
Woher nun dieses gar seltsame Verhalten stammt, einen armen und unschuldigen Keks auseinanderzupflücken, kann hoffentlich keiner so genau sagen. Hoffentlich deswegen, weil wir doch alle hoffen wollen, dass für derartige Studien nicht auch noch Geld zum Fenster herausgepulvert wird, von mir aus können Frauen stundenlang an Keks-Auseinandernehm-Strategien herumbrüten, wenn sie sich hinterher die Hände waschen.
Da es aber momentan furchtbar in Mode ist, Milleniumsverhalten auf die ja jetzt noch nicht so lang zurückliegende Steinzeit zurückzuführen, könnte man das ja hier auch tun und die Erklärung klingt plausibel: Der Mann auf Jagd, der musste schnell mal was essen, der konnte nicht lang überlegen, das tote Mammut noch dampfend vor Augen wartet hinter dem nächsten Baum schon das nächste Untier, Fast Food hatte hier den Ursprung.
Doch die Frauen in der Höhle, die hatten zwischenzeitlich und gerüchteweise eine Menge Zeit (Staubsauger, Putzlappen und Eva Hermann waren noch nicht erfunden), was lag da näher, als Nahrungsmittel in ihre Bestandteile zu zerlegen und einzeln durchzukosten? Hätten wir das also auch geklärt.

Richtig amüsant wird es natürlich, wenn ein Spleen nun zum Fetisch wird!
Selbst als überaus neugieriger und aufgeklärter Schreiberling hatte ich eigentlich bisher gedacht, dass die Fahnenstange bei Lack und Lederklamotte und diversen Auspeitsch-Sessions bei weitem erreicht ist und man als Fetischist einfach nur vielleicht Füße oder Brüste toll finden kann. Weit gefehlt, betrachtet man es genau, ist dies sogar erst der Anfang.
Denn wer gewisse Fetische nicht mit eigenen Augen im Internet gesehen hat, der dürfte Tonnen von Zweifeln aufwenden, dass es so was tatsächlich gibt.
Da „Pennys-Wochenrückblicke“ sich aber auch die Aufklärungsarbeit auf die Fahne geschrieben hat, kann es nicht einfach totgeschwiegen werden, stattdessen wird’s ans Licht gezerrt, schonungslos und brutal.
Man kann nun recht harmlos anfangen bei Seiten mit Bildern von Hausfrauen, die Socken kochen. Schon hier fällt es dem Normalo nicht leicht, daraus einen erotischen Nutzen für sich zu ziehen, schon eher eine recht abtönende Wirkung dürfte die Mehrheit verspüren beim Anblick von verbrühten Tennisstrümpfen. Bereits hier zweifelt man, man blickt auf den Kalender, ne, kein erster April und am liebsten würde man das Internet direkt wieder abmelden, wenn man erfährt, dass für so etwas Webspace verschwendet wird. Doch es geht noch weiter, gibt auch Seiten von Frauen, die ihre Hände in die Hüfte stemmen. Dann sieht man dann Frauen, die ihre Hände in die Hüfte stemmen.
Wahnsinn?
Wahnsinn.
Diese Menschen müssen ja geradezu brüllen vor Lust beim Betrachten der Supernanny, die weiß schließlich manchmal gar nicht wohin mit ihren Pfoten, da ist die Hüfte doch der pädagogisch beste Platz.
Fetischseiten, auf denen Frauen sich die Köpfe kratzen, liefen mir übrigens nicht über den Weg, aber marktlückentechnisch wurd’s auf der Biofestplatte abgespeichert. Ein wundervoller Geheimtipp aber ist eine Page auf der man sich niesende Japanerinnen anschauen kann. Bilder, Videos, alles da.
Wie man nun zu so einer Lust kommt, ist kaum geklärt, wird es den Menschen etwa wohlig im Körper und Geist, wenn man nachts durch Tokio schlendert und plötzlich eine Japanerin eine Niesattacke auf offener Strasse bekommt? Statt also ein Taschentuch anzubieten, gerät man in eine peinliche Situation und ruft prompt eine Internetseite ins Leben, auf denen nun die Asiatinnen sich in der Nase kitzeln, nur damit hemmungsbefreit drauflos geschnupft wird. Macht das Schule und ganz Asien niest gleichzeitig, können wir uns mit unserem Planeten direkt ne neue Umlaufbahn suchen, aber so ein Fetisch ist zum Glück nicht allzu massenkompatibel.
Und ja, der absolute Knaller ist eigentlich eine Fotosammlung alter Männer, die Sandalen und Socken am Leibe tragen….zur gleichen Zeit. Ich hab ja immer gedacht, dass die meisten Leute einen derartigen Anblick zutiefst verabscheuen, aber man kann sich da ja auch dezent irren. Aber nein, es gibt scheinbar auch Fans von derartigen Bekleidungszuständen, da liegt eventuell der Verdacht nahe, dass so eine Seite von Leuten eingerichtet wurde, die was täglich und besonders gern im Urlaub an den Füßen tragen?
Eben.
Alles Propaganda.

Nun, liest man von all diesen Fetischen, ist man von einer eigens erstellten Seite, auf der Frauen genussvoll und kompliziert Biskuit verdrücken, nicht weit weg. Aber wenn man es genau bedenkt, kann auch das Bestreichen von Eichenbaumrinde mit Aprikosenmarmelade irgendwie ein Fetisch sein, wenn sich nur jemand meldet, der furchtbar daran Gefallen findet.
All dies sagt nun eine Menge aus über Fetische, über das Internet im Speziellen und die Art, wie manche Frau einen Keks verdrückt:
Im Grunde geht’s auch ohne, aber mit ist’s irgendwie lustiger.

Eine schöne Woche noch.

P.S.: wer noch weitere herrlich verrückte Fetische weiß, darf sie gern dem Comment-Bereich hinzufügen.

14.9.06

Pennys Wochenrückblick Folge 64: Kreisverkehr vorm Möbelhaus bremst sogar den Schumi aus!

Schon weit vor dem Parkplatz erwischt einen der pure Wahnsinn und Zeitvergeudungsschweiß fließt die Stirnfalten hinab Richtung Augenlid, um kurzfristige Erblindung zu erzeugen.
Da steht Karosse an Karosse und man fragt sich: haben die denn alle wirklich keinen Schrank daheim? Kein Bett? Keine Teelichter?
Und dann muss man auf sich selbst hinabschauen und nach hinten über die Kopfstütze, man sieht noch mehr Karossen und wird dem Geheimnis gewahr, dass man selber nur ein Mosaiksteinchen eines nicht sehr hübschen Bildes ist.
Man kann’s drehen und wenden wie einst den bunten Zauberwürfel:

Normalerweise fährt man nun mal nicht an einem Samstagmittag ins Möbelhaus.

Aber es ist hier wie mit so vielen Dingen im Leben, man weiß genau, es bringt einen nicht weiter und man macht es trotzdem, das nackte Surfen auf S-Bahnen gehört für manche Menschen dazu.
Natürlich ist er geschlechterabhängig, der Gemütszustand beim Wochenendgang ins Möbelhaus.
Aus Frauensicht ist das nämlich egal, da ist so ein Besuch im fünfstöckigen Holztempel ein Hort der Glückseligkeit und ein Quell unendlicher Anschauerei. Im Erdgeschoss ist’s am schlimmsten, da gibt’s Plunder. Den können Frauen in die Hand nehmen und drehen, bis dem Plunder übel wird und man als Mann sanft einschlummert. Deswegen gefällt es den Herren der Schöpfung in den oberen Etagen besser, nur sehr kräftige Damen heben die Wohnwand „Herkules“ hoch und betrachten Winkel und Scharnier. Aber – und das muss man der Fairness halber auch mal sagen – in den oberen Etagen wird man als Macho schnell zur Frau, denn nirgends verläuft man sich so schnell, wie in einem gut ausgestatteten Möbeltempel. Eigentlich müssten am Eingang Navigationsgeräte verteilt werden.
Ohne denkt man hoffnungsfroh, dass hinter der nächsten Wohnwand die rettende Rolltreppe erscheint, stattdessen stolpert man über die nächste Ledercouch.
Hoffentlich ist die nicht von Rolf Benz.
Denn die kosten richtig viel Knete und wenn man da ne Macke rein macht, hat man sofort die gesammelte Rechtsabteilung am Hintern. Wobei eigentlich ein derartig rüpelhaftes Verhalten einem Sofa von Herrn Benz gegenüber nur recht und billig ist, denn mit welcher Berechtigung die Möbelhauskassiererin für einen derart ungemütlichen Lederklotz eine Fünf mit drei Nullen in die Kasse tippt, das weiß wohl nur der Diwan-Heiland.
Gut, man kann prima mit so was angeben und behaupten: „Ich hab ein Sofa von Rolf Benz!“ und furchtbar reich gucken, aber für den gemütlichen DVD-Abend muss man sich dann auf den Weg zu Menschen machen, die intelligenter waren, was die Garniturauswahl anging.
Auf einem Benzschen Sofa bekommt man schon Rückenschmerzen, da ist der Vorspann nicht mal vorbei.

In Möbelhäusern kann man übrigens noch zwei interessante Entdeckungen machen.
Zunächst muss man sagen, dass man von gescheiterter Existenz sprechen kann, wenn von einem Autor Bücher als Lückenfüllern in den Regalen der Wohnwände stehen. Also nicht diese zusammengeklebten Pappbücher, sondern die mit echten Seiten, auf denen Geschriebenes steht.
Schlimmer geht es eigentlich kaum.
Gut, die Plastik-Flatscreens und all das Fake-Obst machen einen auch irgendwie depressiv, aber die wurden ja nun extra zu diesem Zweck konzipiert und überhaupt:
Echte Plasma-Fernseher wären viel zu teuer und die Besucher würden mit seltsam ausgebeulten Pullis den Laden verlassen. Aber ein Buchautor, der sich mal vor langer Zeit niedergesetzt hat, um leere Seiten mit vermeintlich spannender Handlung zu füllen, träumte wohl kaum von einer Veröffentlichung zwischen Pressspanplatten.
Trotzdem existieren sie, Bücher die keiner lesen will und in Wohnwänden schlummern. Die werden von der zweiten interessanten Beobachtung auch nicht entfernt, den Verkäufern in Möbelhäusern. Vielleicht liegt es am mangelnden Sauerstoff oder an der nervigen Kundschaft, aber Verkäufer in Möbelhäuser haben einen recht unfreundlichen Touch. Das ist natürlich brutales-über-den-Klischee-Kamm-Geschere, doch für differenzierte Betrachtungen und Hervorhebungen einzelner engagierter Möbelverkäufer fehlt es hier an Platz und (Lese-)zeit. Der durchschnittliche Möbelverkäufer mustert erstmal die Kleidung des Kunden mit dem sogenannten Economic-Scan, der dann folgend im Hirn abläuft:
Turnschuhe, Tattoo am Bein, kurze Jeanshose, T-Shirt mit Totenkopf, Cappie aufm Kopp.
Das Scanergebnis: kein potentieller Rolf-Benz Kunde.
Nun kann man sich nicht jedes Mal in Schale kippen, wenn man sich nen Schlafzimmerschrank anschaut, doch will man Rabatte jagen, muss man’s tun.
Tut man’s nicht, drohen Phrasen: Aber natürlich, das dunkle Grün dieser Couch passt farblich ganz hervorragend zu ihrem gelben Teppich.
Fällt man auf diesen Quatsch herein und lässt sich von den geschulten Verbalkuscheleien der Verkäuferin ins Möbeldelirium einlullen, brauch man sich nicht wundern, wenn Verwandte und Freunde später in der Ortschaft lästern, man wohne ja wie Spinat und Rührei und mache einen auf Pseudo-Brasilien.
Nein, Farb- und Holzverstand muss mitgebracht werden, sonst bekommt man Zeugs angedreht, welches dreizehnjährige Teenies auf dem örtlichen Abenteuerspielplatz besser zusammengezimmert hätten.
Deswegen fordert Pennys Wochenrueckblicke:

Neue Verkäufer in Möbelhäusern. Und dann bitte nur das Beste vom Besten. Der allerbeste wäre natürlich ganz klar Michael Schumacher. Der hat schließlich bald ne Menge Zeit. Und nur im heimischen Garten abhängen und die eigenen Kinder davon abhalten, ebenfalls Rennfahrer zu werden, das macht auch den reichsten Sportler nach ein paar Wochen nicht mehr glücklich.
Als Möbelverkäufer könnte der Michael schön polarisieren, wie er es auch in der Formel Eins getan hat. Kritiker sprechen ja häufig von ihm und beschreiben ihn als Menschen, der nun nicht besonders nett und seltsam gesichtslos ist. Beidem muss energisch widersprochen werden, denn mit so einem Kinn ist man alles, nur nicht gesichtslos und was die Nettigkeit angeht, hat man noch von keinem Formel-Eins-Weltmeister gehört, der seine Gegner charmant gebeten hat, doch bei dreihundert Stundenkilometern kurz rechts ran zu fahren, damit man selber überholen kann. Faszinierend, dass Medien immer wieder eine unumstößliche Meinung haben, wie gewisse Menschen funktionieren sollten.
Aber wie schon erwähnt, als Möbelverkäufer hätt’s der Micha drauf, würde acht mal hintereinander Mitarbeiter des Monats werden, Nachttischchen selbst zusammenschrauben, aus Möbelstücken bei Unfällen Quetschkommoden machen und einen „schnellster Verkaufsrekord“ nach dem anderen brechen. Wird er von seinem Chef gefragt, welcher Verkäufer noch gute Fähigkeiten besäße, minderwertiges Tischlergut an ahnungslose Konsumenten zu verticken, antwortet Schumi selbstbewusst:
„Also da gibt’s noch den Eduard bei den Küchen, der hat was drauf und die Gisela bei den Sesseln ist auch ganz gut.“ Bruder Ralf, der nach seinem Formel-Eins-Aus in der Werkzeugabteilung des Möbelhauses Schrauben nach Größe und Farbe sortiert, wird ebenso wenig erwähnt, wie seine Frau Cora, die in der Cafeteria lauwarme Schnitzel mit Zitronen raus gibt.

Aber nach einigen Jahren ist auch diese Herausforderung Geschichte und wieder kann man’s in den Zeitungen lesen, neben einigen Erfolgen steht so manch zertrümmerte Schrankwand als Symbol für den unbändigen Erfolgswillen. Erneut werden Fans ihre Ahorn-Mützen abnehmen, ihr Haupt in Demut senken und sich fragen, was für einen Sinn ein Leben ohne Schumi eigentlich haben kann.
Zum Glück muss man sich da aber keine Sorgen machen, denn es steht außer Frage, dass Männer nachrücken, die einen ganzen Nachmittag im Kreis fahren oder nicht sehr schöne Designermöbel für viel Geld verkaufen.
Natürlich nur, solang kein Komet die Erde trifft, aber wie man in Fachkreisen so hört, sind Möbelhäuser und Formel Eins Rennen dann das letzte, worüber man sich Sorgen machen müsste.

7.9.06

Pennys Wochenrückblick Folge 63: Gekräuselte Votings zum Thema Schamhaargeheimnisse

Es gibt viele Situationen im Leben, wo man denkt „Puh, also…ohne diese Informationen hätte ich jetzt bestimmt auch recht freudig und ohne Verdruss weiterleben können.
Wenn man zum Beispiel hört, dass der Regionalexpress dreieinhalb Stunden Verspätung hat, weil eine störrische Eiche auf der Reisestrecke einfach Lust hatte, sich auf den Gleisen quer zu legen.
So was will kaum einer wissen, man will hoffen, dass der Zug kommt, Minute für Minute bangt man, dass ein Tschufftschuff am Horizont ertönt und man hinein steigen kann in die zweite Klasse, um sich ordentlich volldampfen lassen…nicht vom Tschufftschuff der Lok, sondern vom Nikotin der Mitreisenden.
Wobei, Moment mal…Züge machen heute gar kein Tschufftschuff mehr. Die sind ja jetzt alle hightech mäßig auf dem neuesten Stand und kein armer Mensch muss in irgendein brennendes Loch die Kohlen schaufeln. Trotzdem schafft es Mehdorns Fuhrpark nicht, pünktlich zu sein. Aber kommen wir doch bitte zur Eingangsthese zurück, dass es sich ohne gewissen Input einfach toller Leben lässt. Jeder Mensch würde zum Beispiel prima ohne die Informationen auskommen, die in der BRAVO zu finden sind.
Trotzdem ist die dieses Jahr 50 geworden. Gratulieren wir da? Na, ich weiss nicht.
Ich hab jetzt lange keine BRAVO mehr gelesen. Für Forschungs – und Rückblickszwecke mach ich ja mal Ausnahmen, aber selbst da musste ich mich beugen. Ich fahr doch nicht in ein anderes Bundesland, um mir so ne Zeitschrift zu besorgen. Das hätte ich nämlich so machen müssen, wenn ich mir die in NRW kaufen wollen würde, dann könnte ich das nur in langem Mantel und Schlapphut machen. Als 28 jähriger kauft man so was schließlich nicht. Sicher, ich hätte dumme Ausreden erfinden können, ich schreib nen Wochenrückblick, ich hab ne kleine Schwester, die will die Zeitung haben und der Blick der Kassiererin im Supermarkt hätte immer nur still gesagt: „Ja sicher….nen Mantel anhaben und dann nich zugeben wollen, dass man auf Tokio Hotel steht!

Deswegen hier und jetzt ein dreifaches Halleluja auf das World Weit Wäpp. Da kann man auch BRAVO im Internet gucken und keine Verkäuferin regt sich über deinen Mantel auf, herrlich.
Nun muss man beachten, dass die Jugend an sich eine etwas andere Evolution hinter sich hat, als die BRAVO es vielleicht gern hätte.
Soll ja heute schon Kids geben die mit elf Jahren das Saufen angefangen haben…nur weil kurz zuvor der Geschlechtsverkehr auf Koks nicht geklappt hat. Davon steht in der Bravo natürlich nix, keine Artikel von zugesoffenen Elfjährigen, stattdessen gibt es scheinbar immer noch den Bravo-Foto-Love-Roman, die generalprobende Ausgangsseuche, aus der sich später so illustre Sendungen wie „Marienhof“ gebildet haben. Im Netz findet man solche Storys leider nicht, aber ich erinner mich noch. Da guckten irgendwelche Teeniebratzen richtig schäl in die Kamera immer nach dem Motto „ein übertriebener Gesichtsausdruck ist alles!“ und irgendein abgespacter Schreiberling füllte die Sprechblasen über den Köpfen mit wirklich furchtbar schicken Sätzen wie „Ach, der Marc…der ist so süß!“ Vor so viel Einfallsreichtum muss man einfach den schriftstellerischen Hut ziehen…und den Autor damit verkloppen.

Naja und wer nix über Tokio Hotel wissen will, der klickt www.bravo.de am besten gar nicht erst an. Denn da gibt’s kaum ne Ecke, aus der die Möchtegernrocker dem Leser nicht auf den Senkel gehen. Wusstet ihr eigentlich, wie die Band auf ihren Namen gekommen ist? Einer der Bandleader hat’s mal beantwortet, man wäre ja ständig auf Tour und in Hotels unterwegs und in Tokio war man halt noch nicht. Also Tokio Hotel.
Na, da hat sich aber einer mal richtige Gedanken gemacht.
Man hätte sich da auch bequem „Pension Iglu“ nennen können, aber da passt „in Musikvideos doll fies gucken“ nicht so zu. Wobei man an den „Killerpilzen“ merkt, dass man auch mit vollkommen hirnverbrannten Bandnamen noch Hörer erreichen kann, die sich gar nicht die Mühe machen, einen derart bescheuerten Namen nur eine Minute lang zu hinterfragen. Aber das hier kein falscher Eindruck entsteht, man kann auch noch andere tolle Sachen auf der Website machen.
An tollen Votings teilnehmen zum Beispiel.

„Wie fandest Du die Sommerferien?“

Antwortmöglichkeiten:

- Superspitzenklassetoll! (=ich hatte keinen Kater nach der Marathon-Trinkerei)

- Naja, ging so! (=der Alkohol war immer schon um halb eins alle und wir mussten zur Tanke)

- Absolute Katastrophe (=ich musste mich jeden Tag von Rollmops und Aspirin ernähren)

Mir persönlich fehlt es da an Feintuning bei den Antworten, aber dabei muss man bedenken, dass meine letzten Sommerferien auch schon ein bisschen was her sind.
Doch wir reden hier um den heißen Brei herum, alles was einen an der BRAVO je interessiert hat, waren zwei einzelne Seiten. Liebe, Sex und Zärtlichkeit mit diesen schönen Fragen verunsicherter Teenies und direkt daneben eine Beschreibung des ersten Mal’s, welches mit Vorliebe in Blockhütten oder in Strandkörben vollzogen wurde, also durchaus so, wie jeder sein erstes Mal hatte. Jaja, wer von uns hat sich nicht diese beiden Seiten verschämt im Kinderzimmer durchgelesen?
Heute ist man da abgeklärter und deswegen gibt es auch auf der Internetseite eine eigene „Dr.Sommer-Rubrik“. Dr Sommer ist übrigens ein ganz guter Name für ein Sexualberaterteam, das vermittelt Unbefangenheit und einen gewissen Pegel Fröhlichkeit, mit der es sich all den Dildo-Fragen prima begegnen lässt. Dr. Harnhröhrentod oder Professor Pickelschnauze dagegen wären eher unbrauchbare Namen.

So, draufgeklickt und schon öffnet sich eine Welt voller Antworten auf Fragen, die kaum jemand stellt. Ganz besonders hervorzuheben ist hier ein Bericht, der mit der Überschrift „Gekräuselt oder glatt: die Haare in der Hose!“ startet und– bitte jetzt den Zettel hinausholen auf dem man die möglichen „Wörter des Jahres“ notiert – Schamhaargeheimnisse lüftet. Nochmal zum mitschreiben.
Schamhaargeheimnisse.
Da will man doch hoffen, dass es darum geht, dass sich Geheimnisse um die Haare ranken und nicht die Haare selbst irgendein Geheimnis haben.
Als erste Info bekommt man ins Stammhirn gekloppt, dass man Schamhaare an sich nun nicht unbedingt zu schneiden braucht, da so ein Haar nur 6 Monate lang wächst, ausfällt und sofort ein neues nachwächst. Für dieses Wissen hätte man aber jetzt nicht die Bravo gebraucht, da hätte auch Beobachtungsgabe gereicht, denn
A) ist noch keiner auf seine eigenen Schamhaare getreten und lang hingeknallt,
B) gibt es schliesslich keine Schamhaar-Coiffeure in der näheren Nachbarschaft und
C) wusste man doch auch vorher, warum manch nackte Toilettenbrille auf öffentlichen Klo’s plötzlich einen Pelz trägt.
Wenn so ein Schamhaar allerdings bis ins unendliche wachsen würde, dann könnte zumindest die Rasenmäherindustrie wieder boomen. Naja, vielleicht arbeiten ja ein paar Gen-Fuzzis schon dran. Ganz zum Schluss wird noch die Frage geklärt, ob man sich eigentlich die Schamperrücke entfernen MUSS und da man vorher erfahren hat, dass Schamhaare so heißen, weil sie den Schambereich bedecken und nicht, weil man sich für sie schämen muss (eine tolle Frage für eine Studie namens Pisa), wird hier das Unterleibsbehaarungsselbstwertgefühl gestärkt und mit einem strikten NEIN! beantwortet.
Schließlich gibt’s Länder wo man das macht und eben auch Länder wo man das lässt mit der Rasiererei im Intimbereich. Da hat man also die absolute Freiheit und als Jugendlicher kann man sich doch nix schöneres vorstellen, als den Rasierzwang auf Hodenhöhe lässig über die Schultern zu werfen und behaart oder nicht behaart seines Weges zu gehen. Schließlich gibt es auch dringendere Fragen zu klären, zum Beispiel ob man nun schwanger ist oder nicht. Wie man’s merkt, sagt einem die BRAVO das also auch, doch eigentlich reicht „Pennys Wochenrückblicke“ zur Lektüre aus. Wenn zum Beispiel der Thorsten aus Klasse acht zu einem Mädchen sagt
„Na ihr zwei!“, dann lässt das schon einige Rückschlüsse zu.
Auch wer ein gewisses Ekelgefühl auf der einen Seite verspürt, auf der anderen aber einem gewissen Heißhunger auf Kiwis mit Käse nicht abgeneigt ist, brütet vermutlich was aus.
Dann geht man zum Arzt und der hebt dann den Daumen nach oben oder unten.
Da brauch man doch gar keine Bravo für. Und eigentlich braucht man auch keine BILD. Aber die hat über die Bravo geschrieben, dass im Jahr 2050 sich die Fragen an Dr. Harnröhrentod wohl ändern werden und da hat man auch gleich einen Klasse-Vorschlag: “Ich habe mein Sperma per Email verschickt, leider an die falsche Frau, was soll ich tun?“ Der Doktor im Jahr 2050 antwortet, dass die Frau sich das Sperma auf keinen Fall auf die Festplatte laden darf und man ansonsten nur hoffen kann, dass sie einen Spermfilter hatte.
Und jetzt die eigentliche Frage: Fällt einem zu so einem Schwachsinn noch irgendwas ein?
Nein, weil man drei Zeilen später noch einen draufsetzt mit der fiktiven Frage, wie man eigentlich seinen Nuklear-Vibrator entsorgt.
Spätestens da weiß man endgültig, dass man auf dem falschen Planeten gelandet ist und bittet Scotty um einen Beam.
Eine schöne Woche noch.

1.9.06

Pennys Wochenrückblick Folge 62:Hüftschmerzen,Ekelhände,nur Müll in der Hose!

Natürlich, die nicht ganz so vergesslichen Zeitgenossen aus der letzten Woche haben es nicht verdrängt, wissen’s heut noch, als wär’s wie gestern. Der Rückblick begann mit einem Zitat.
Das soll aber nicht die Regel werden, weil es nun mal fürchterlich gestelzt und anbiedernd wirkt, vor allem in bemüht lustigen Texten. Immerhin kann man aber, wenn man möchte und das ist dann doch ein toller Grund für die Sprache an sich – ganz im Gegensatz zum hineinblöken in Mobiltelefone – ruhig Zitate verwenden, dafür wurden sie schließlich mal gemacht, oder? Wurden sie gemacht? Weiß man viel über’s Zitate erfinden? Also, ich stell mir das so vor, dass all die berühmten Dichter und Denker in ihren Tee- oder Kokspausen (so abwegig ist das ja nicht) sich hingesetzt und ihren Butler vor die Tür gesetzt haben mit dem Hinweis „Albert, ich muss Zitate schnitzen!“ Dann schauten sie zum Fenster hinaus in den wilden Garten, die Schnüss voller Tee oder der Zinken voller Schnee und sie begannen mit der Satzschnitzerei.
So viel Engagement im Erfinden neuer Sätze muss man zu würdigen wissen, denn ich glaube kaum, dass einst ein Winston Churchill sich hinsetzte und denkwürdige Sätze erdachte, nur damit der Penny irgendwann pfeifend um die Ecke biegt, um sie in seinen Wochenrückblick zu stopfen.
Deswegen keine Zitate mehr.
Erstmal nicht.
Aber ich muss noch anmerken, wenn ich hier, ja wenn ich hier jetzt ein Zitat benutzen WÜRDE, also wenn ich gar nicht anders könnte, ja dann wär’s eins über Mode.
Mode ist - Achtung, jetzt kommts, das Zitat, das eigentlich gar nicht da ist - jener seltsame Vorgang, bei dem allen plötzlich etwas gefällt, was ihnen gestern noch nicht gefallen hat und was ihnen morgen nicht mehr gefallen wird.
Auch wenn Ihr dieses Zitat nun gar nicht gelesen habt – offiziell ist es schließlich nicht Bestandteil des Rückblicks – ist nun doch was Wahres dran.

Im Kontext der Mode wurden schon mehr Sünden begangen als in so manchem Weltkrieg, Buffalo-Schuhe und einige bunte Frisuren singen da ein Klagelied aus rauen Hälsen.
Dann gibt es noch nen Nebenzweig der Mode, einen, der seit geraumer Zeit im Kommen ist:
Accessoires.
Als Accessoire versteht sich in der Mode ein schmückendes Beiwerk zur Kleidung. Dass dies in den letzten Jahren schon mal gründlich danebengegangen ist, kann jeder bestätigen, der in südländischen Urlaubsländern in den Neunzigern einen dieser beknackten neonleuchtenden Plastikschnuller erworben hat.
Na? Kommt die Erinnerung hoch?
In jeder Farbe des Regenbogens und in allen Größen zwischen „hui, aufpassen, Einatmungsgefahr!“ und „Joa, kann man bei ner Demo gut als Faustwaffe benutzen“ sah man die Dinger, sie baumelten an Halsketten, an Rucksäcken, an Schnürsenkeln und kein Mensch wusste, warum.
Schon damals mussten normal denkende Individuen den eigenen Schädel stundenlang gegen einen Schrank klopfen, um herauszufinden, warum sich ein gewisser Teil der Menschheit mit bunten Babylutschern ausrüstete und sich damit auch noch cool fand. Das Ergebnis war ein kaputter Schrank und ein ungelöstes Geheimnis.
Aber es ist wie mit Epidemien, Accessoires kommen und gehen, auch wenn sie verheerenden Schaden (beim Betrachter) anrichten.
Läuft die Evolution nun in richtigen Bahnen, kann man davon ausgehen, dass sich die Menschen weiterentwickeln und in Gegenwart und Zukunft darauf verzichten, sich bunten Unfug um den ungewaschenen Hals zu hängen, aber das einzige, was Fortschritte macht, sind die Accessoires an sich.
Drei aus der heutigen Zeit hab ich mitgebracht und wir wollen – nicht nur im Sinne des Spannungsbogens – harmlos anfangen mit dem (kleiner Trommelwirbel, ein Tusch, ein Leser in der hinteren Bank applaudiert – leider ein bisschen zu früh):

Doggy-Bag

Menschen, denen die englische Sprache und das logische Denkvermögen nicht fremd sind, wissen in etwa, was jetzt kommt.
Ne Tasche für Hunde.
In der guten alten Zeit, also ungefähr vor drei Wochen, da wusste man ganz genau wie das so geht mit den Vierbeinern. Wollte man mit dem Fiffi eine Runde um den Block hetzen, kam die Leine, die wurd um des Bellos Hals geschlungen und dann ging die Post ab, Zwei- und Vierbeiner bewegten sich im gleichen Maße an der frischen Luft und letzterer konnte ungehindert Bäume begatten und andere Köter bepinkeln – vielleicht auch umgekehrt, je nach Benimmstufe.

Das hat aber nun ein Ende, denn der Wauwau muss nun nicht mehr laufen, der kommt in ne Tasche und die Tasche kommt um die Hüfte des Trägers. Das sieht natürlich ganz doll schick aus und läuft der Evolution des Hundes auch kaum entgegen, wozu vier Beine haben, wenn man sie auch bequem in der Luft baumeln lassen kann?
Wozu nun der Tölentornister da sein soll, will sich auch nach längerer Überlegung (wie bei den Schnullern) nicht erschließen, offizielle Zielgruppe sind Jogger und Nordicwalker. Gut, wenn wir bedenken, dass so ein durchschnittlicher Kläffer mindestens 2-3 Kilo wiegt, muss man sich schon an jede Hüfte so einen Pitbull-Pompadour schnallen, damit nach vier Monaten nicht schon die Hüfte nach Austausch-Operation schreit. Abgesehen davon, wie albern mag es wohl aussehen, wenn man durch den Park joggt und einem beim Laufen die Köter auf die Hacken kacken? Eben. Von der Ackerspur, die man beim Tragen von ponygroßen Doggen hinterlässt, fangen wir hier gar nicht erst an.
Ist die Hüfte dann in der OP ersetzt, muss die Tölentasche aber nicht in die braune Tonne, denn laut Hersteller kann man sie auch bequem bei einer Kneipentour tragen, damit man also beide Hände frei zum saufen hat. Na da sagen wir doch Glückwunsch, wer wollte nicht schon immer ZWEI Caipis auf einmal schlabbern, während Hasso bequem aus der Hüfte bellt.

Erfolgsgarantie dieses Accesoires: Einer von zehn Hundeknochen.


Hier hätten wir nun Accessoire Numero zwei und ich sehe, wie die Frauen in den vorderen Reihen ein wenig angeekelt zurückweichen.
Und womit? Mit Recht.
Denn so ein Kakerlak, das ist nichts Erstrebenswertes, es sei denn, man hat ganz viele davon, die man in den Briefkasten des Nachbarn stecken kann, weil der Apfelbaum mal wieder auf dem eigenen Grundstück drüberhängt.
Das Problem bei Kakerlaken ist nicht nur die nichtvorhandene Ästhetik, die viele abschreckt, sondern auch die Tatsache, dass so ein Vieh 1000 Kinder im Bauch haben kann, eine im Baby-Boom-Land Deutschland keine allzu angenehme Vorstellung von „Nachwuchs in die Welt kippen“.
Aber dies hält nun einen gewissen Jared Gold nicht davon ab, schicke Kakerlakenmännchen zu züchten, sie mit Swarovski-Steinen zu bekleben, an ein Kettchen zu legen und diese lebend als was zu verkaufen?
Jau. Als Accessoire.
Die Kette wird an der Kleidung befestigt, so dass die Kakerlake nicht fortlaufen kann und wenn man seine Schmuck-Schabe regelmäßig mit Bananen füttert, würd sich das gute Tier bis zu einem Jahr halten. Ich denke schon, dass man auf einer mittelguten Promiparty mit so einem Modeding wesentlich mehr Spaß hat als mit Hund an der Hüfte. Allein schon der Platz, der einem auf einmal am Buffet zugestanden wird.
Aber vielleicht reagiert man mit einer Portion Unverständnis auch einfach über, wenn es Leute gibt, die Ratten in ihre Jackenärmel stopfen, was gibt es dann gegen einen Ketten-Kakerlak auszusetzen? Wenn er dann auch noch schön blinkt!
Wenn sich das natürlich durchsetzt, dann hat man auch endlich wieder ein paar ordentliche Gesprächsthemen in der Welt der Reichen und Schönen, „ach deine Schabe hat soundsoviel gekostet? Interessant, also meine bekommt Chiquitabananen, nur das Beste für meinen Hans-Dieter!“
Das nun jemand seine Swarovski-Schabe Hans-Dieter nennt, ist vielleicht genauso unwahrscheinlich wie die Swarovski-Schabe an sich, mit anderen Worten: möglich ist alles.

Ansonsten bleibt einem die Ausbreitung des Geschäftsfeldes auf glattrasierte und Dali-mäßig-bemalte Vogelspinnen, ihrer Giftzähnchen beraubt, die man sich ins Haar setzen kann. Der Renner auf den nächsten Pferderennen, wo man ja gern mal kopfbedeckungsmäßig ein bisschen auffällt.
Erfolgsgarantie dieses Accessoires: sagen wir, hm, drei von 10 Schreikrämpfen.


Welche man auch beim letzten Accessoire dieses Rückblicks bekommen kann:
Die Hightech Gürtelschnalle Egokast.
Hierbei handelt es sich um einen – da red ich jetzt nicht lang drum rum – Gürtel mit TFT Flachbildschirm. Auf dem kann man dann Videos wieder- und in der Disko fürchterlich angeben. Das wird durch coole vorinstallierte drehende Totenschädel oder psychedelischen bunten Drogenfilmchen erreicht. Wenn einem dann die Leute alle in den Schritt schauen, kann man sich da an nem Abend immerhin ne Menge drauf einbilden.
Abstruse Zeitgenossen sind natürlich lässiger und schneiden einfach sechs Stunden Neun-Live-Vollhonk-Quiz mit. Damit ist man auf jeder Party der letzte Schrei…oder der letzte, der schreit, wenn der Rest der Partygesellschaft bei Verstand ist und sich räuspernd vom Gürtelträger abwendet.
Erfolgsgarantie dieses Accessoires: 5 von zehn Schnallen (also, vom Gürtel).

Eigentlich braucht man gar nicht weiter zu lesen, die Befürchtung, dass die TFT-Gürtelschnalle massenkompatibel wird, Männer also derart begürtelt in Kneipen auf die Frauen zusteuern und diese mit den Worten „schau ma da unten, is'n Touchscreen“ angraben sind ebenso unbegründet wie die Annahme, dass sich auf diesem Planeten auch nur mehr als acht Frauen finden, die sich ne Schabe auf die Handfläche legen, Edelsteine hin oder her.

Freaks gibt es natürlich trotzdem und Oberfreaks legen’s drauf an, besorgen sich alle drei Accessoires auf einmal, nur um auf der Polterhochzeit von Manni und Dagmar auch bloß nen Eindruck zu hinterlassen. Schleppt sich der King of Freaks also mit Hüftenhund, schicker Schabe und drei Folgen Alf am Gürtel auf die Tanzfläche, um dem zukünftigen Brautpaar viel Glück zu wünschen, so gewinnt man bestimmt einiges, wenn auch nicht viele Freunde, so doch zumindest ein bisschen an Erfahrung und die Erkenntnis, für’s lächerliche Aussehen eine Menge Geld hingelegt zu haben. Das kann heilsam sein und ein Lerneffekt kommt vielleicht auch bei raus und wenn’s nur die Bestätigung des Zitats ist, welches ja gar nicht existiert, zumindest nicht in diesem Rückblick:
Mode, das ist jener seltsame Vorgang, bei dem allen plötzlich etwas gefällt, was ihnen gestern noch nicht gefallen hat und was ihnen morgen nicht mehr gefallen wird.
Eine schöne Woche noch.