30.6.06

Pennys Wochenrückblick Folge 54: Kotzen, Koksen, Bären töten!

Über vier Sachen schreib ich heut.
Und zwar über jene, die wir wirklich nie nie wieder sehen wollen.
Normalerweise ist`s ja anders, allzu oft wünschen wir uns Sachen, die wir lange nicht gesehen haben und endlich noch mal erleben möchten. Tagträume halt.
Aber es geht eben auch anders, viermal gab’s den Beweis in dieser Woche.
Also los:

1. Kotzende Fußballer und die Berichterstattung drumherum

Wem was die Speiseröhre wieder hochgekrochen kommt, der findet das meist nicht toll. Es wurden noch keine Oden auf das Kotzen geschrieben, so viel steht mal fest. Schon vorher wird es arg, der Bauch, der schmerzt, man merkt, man muss sich übergeben und kann es einfach nicht, die Schwelle, an der man dazu bereit ist, sich den Zeigefinger in den Schlund zu stopfen, ist nicht mehr weit entfernt. Dann geht die Post ab, man umarmt die Schüssel und gibt Geräusche von sich, die fünf kaputten Milchschäumer an Cappucinomaschinen ähneln.
Wenn dann noch der Magensäurefaden am Mundwinkel herabhängt, ist die Szenerie perfekt.
Der aufmerksame Leser merkt: Ein Aua-Bauch ist keine witzige Sache.
Und schon gar nicht für Fotoapparate.
Denn Kotzen ist etwas recht intimes (schließlich umarmt man eine Kloschüssel und gibt seltsame Laute von sich...ein Gefühl, dass sich bei den ehemaligen Lovern von Paris Hilton bestimmt auch einstellte) und nur sehr wenige Menschen auf diesem Planeten möchten dabei auch noch abgelichtet werden.
David Beckham gehört bestimmt ebenfalls dazu.
Der musste auf den 2,8 cm langen Fifa Rasen röcheln und in den Statuten von Sepp Blatters Dorfverein FIFA ist davon wohl keine Rede. Das wird er sich für die WM 2010 notieren:
„Der Rasen darf nicht geschändet werden, auch nicht während des Spiels!“
Nun, das Reiher-Foto erschien in der BILD und die fragte sich sofort, warum ihm so übel war.
Drei Antwortmöglichkeiten gab’s: englisches Bier schmeckt nicht, Becks hat die Kreditkartenabrechnung seiner Frau gesehen oder – find ich am tollsten – Metrosexuelle können schwanger werden.
Dass man da nicht gleich behauptet, Beckham hätte vor dem Spiel Gewürzgurken mit Nutella genascht, ist auch schon alles.
Aber vermutlich wollte man witzig sein, tja liebe BILD, Humor ist, wenn man über so einen Unsinn nicht lacht.

2. zurücktretende Politiker, die ihren Abschied im Humor inszenieren

Ach der Joschka. Ja nu.
Er hatte es ja auch nicht leicht, kam von der Hauptschule, schmiss Pflastersteine durch ausgerechnet die Gegend, in der sich dummerweise auch Polizistenhelme befanden. Wurde trotzdem Politiker im Bundestag…in Turnschuhen.
Das muss man immer wieder in den Medien erwähnen, als hätte man Angst, dass man bei Nichterwähnung irgendwann mal sagt: Der Fischer? Der stakste von Anfang an in Lackschuhen durchs Parlament. Ist ja auch so schön unkonventionell. Dann wurde dieser Knilch dick, er fing an zu laufen wurde dünn und Außenminister, reiste häufig durch die Weltgeschichte und alle anderen Staatschefs fanden unseren Fischi oberdufte. Vor ein paar Monaten wurden die Grünen dann aber abgewählt und ab dieser Woche ist Schluss mit Politik, fortan doziert der Herr an amerikanischen Universitäten herum. Ach ja. Dick ist er auch wieder geworden. Und weil dicke Menschen ja über einen besonderen Sinn für Humor verfügen sollen, ließ er noch folgenden Satz auf die gestellte Frage nach einer eventuellen Rückkehr als Aussenminister frei:
„Ja wenn ich denn eines Tages vor dem Himmelstor stehe und der liebe Gott mich
als spezial representative of Godfather haben will, welch Erdenwurm wär ich, würd ich mich dem verweigern!“
Nun, ich denke nicht, dass der Joschka Gottes Außenminister wird. Gott würde wohl eher freundlich lächeln, auf Fischers Schuhwerk zeigen und mit baritoner Stimme verkünden:
„Das ist hier `n ordentlicher Himmel. Und mit diesen Turnschuhen…du kommst hier ned rein!“
Tja, dumm gelaufen.

3. Bärentöter und Bravoposter

Der Bär ist nun tot. Alles was so manchem da einfällt ist die Tatsache, dass so ein toter Bär in Zeiten kollektiv empfundener Fußballfreude nicht wirklich WM Kompatibel ist. Von Japan über Australien bis nach Kentucky werden die Menschen es sich gegenseitig mit Fingern auf den Rücken schreiben: In Deutschland sind sie zwar recht gastfreundlich, aber Bären werden erschossen, WM hin oder her. Man kann jetzt noch wochenlang debattieren, lamentieren und diskutieren, bis einem die Gehirnzellen wegbrechen, aber was man bitte auf keinen Fall machen darf: Nach der Tötung eines solchen Tieres ein Bärenposter in die Zeitung zu drucken mit der schmalzigen Aufschrift „Servus Bruno!“ Wär ich Bärengeist und würd durch den Himmel schleichen auf der Suche nach der Seele von Joschka Fischer, ich würd mir so was von verarscht vorkommen. Weil nämlich, wenn ich – also als Bruno – einen Menschen verletzt hätte, bestimmt nicht so ein Poster zu meinen Ehren erstellt worden wäre. Oder vielleicht doch. Nur die Aufschrift wäre anders gewesen. „Schmor in der Hölle, Tatzenkiller!“ So in etwa vermutlich.
Aber Hauptsache es gibt schon T-Shirts zu kaufen mit Fotos von Bibern, Elchen und Spechten in Comicform, die auf den Betrachter zeigen und uns sprechblasenmäßig „Bruno, wir rächen Dich“ entgegenkeifen.
Gegen so viel Geschäftssinn kommt noch nicht mal Sepp Blatter an.

4. …und was wir garantiert und wirklich echt gar nie wieder sehen wollen…

Maradona.
Ne, echt jetzt nich mehr.
Kann doch auch nicht sein: Da gewinnt Argentinien Spiel um Spiel und was wird bis zum (Beckham) – Erbrechen gezeigt? Diego Maradona, wie er mit einem Trikot auf der Tribüne wie eine kichernde Koks-Kugel auf und ab hüpft und was Argentinisches ruft. Das wär jetzt nicht so schlimm, würden die Kameras diesen Moment hysterischer Ausgelassenheit nur ein oder zwei Mal pro Spiel zeigen. Doch nein, jede noch so normale Situation auf dem Spielfeld, an der ein Gaucho beteiligt ist, wird von Maradona kommentiert, durch rufen, jubeln, weinen oder was weiß ich was.
Und dann die Kommentatoren, die bezeichnen den ehemaligen argentinischen National-Handballer auch noch als „Anpeitscher“ seiner Mannschaft.
Natürlich, als argentinischer Nationalspieler kann man aus dem Gebrüll von 50.000 Zuschauern im Stadion das Gekeife des Herrn Maradona kristallklar raushören. Fortan lässt es sich fester gegen den Ball treten, blutiger grätschen, gezielter köpfen.
Aber wie gesagt, da muss nun Schluss sein mit und zwar nicht nur weil es albern ist, wie ein Flummi über Tribünen zu hüpfen.
Sondern weil heute Endstation für Argentinien ist. Voller Maradonarotz wollen wir das Trikot sehen, dass er in seiner Hand schwenkt, weil ihn das Ausscheiden so sehr mitnimmt.
Poldi und Klose, bitte tut mir und all den anderen Zuschauern heute Abend diesen Gefallen.

Danke.

23.6.06

Pennys Wochenrückblick Folge 53: ein dicker Mann,ein Bikini,eine Frau darin…

So! Diese Woche also nur wenig Fußball. Der Trend kehrt ja auch schon um, neulich am Kiosk lag da zwischen Spiegel und Stern so ein Groschenheft.
„Zeigen sie der WM die rote Karte“, stand da, auf einer roten Karte, die aus dem Schundblatt heraushing.
„Der Anti-WM Roman, neunzig Minuten nur für mich!“
Was mag da wohl drinstehen? Wird Klinsmann ausgeweidet? Von Olli Kahn? Oder bekommt Lukas Podolski ein Hirn implantiert?
Man mag kaum glauben, auf was für absurde Ideen die Leute kommen, um aus der WM noch den letzten Cent herauszupressen und dann auch noch in Form eines Anti WM Romans.
Dabei ist das Leben gewisser Menschen doch schon lächerlich genug.

Da hätten wir in dieser Woche: Ottfried Fischer.
Ich könnte jetzt einige dumme Bemerkungen über das Gewicht von Herrn Fischer machen, so zum Einstieg, aber das ziemt sich nicht, das ist nicht politisch korrekt, da geht der Knigge kotzen und die Angie wedelt mit dem Zeigefinger hin und her.
Aber dick ist er ja schon.
Und ungemein beweglich, so beweglich, dass er genau zwei Gesichtsausdrücke drauf hat, der erste ist der normale und der zweite ist der, wenn er schläft und unterscheidet sich in seiner Signifikanz im Detail vom ersten nur durch die Tatsache, dass seine Augen geschlossen sind.
Der geübte Leser stellt fest, Witze über dicke und unbewegliche Menschen sind des Pennys Sache nicht.
Darum geht’s hier aber auch nicht.
Der Otti hatte nämlich eine Affäre.

Hui, jetzt muss ich erst mal Pause machen, damit Deutschland sich wieder erholt.
Ja, eine Affäre. Mit einer anderen Frau.
Diese strunzlangweilige Tatsache hält die BILD aber nicht davon ab, die Titelseiten mit eben dieser Geschichte die ganze Woche über vollzupflastern.
Wir sehen: den Otti, der in seiner Liege liegt und eine Frau, die nicht seine eigene ist.
Diese Frau trägt auf besagtem Bild einen Bikini und was macht das Käseblatt daraus?
Das „Bikini-Mädchen“!
Nein, wie originell.
Weil man jetzt aber noch nicht sofort weiß wer das ist, sprich der Heckenschützenfotograf noch BILD-Azubi ist und nicht sofort Otti oder besagte Dame nach der Knipserei befragt hat, nennt die BILD die Dame erst einmal:
„Das mysteriöse Bikini-Mädchen!“
So weit sind wir also schon in diesem Land, wenn eine nicht näher bekannte Frau im Promigarten hockt, dann ist sie gleich schon „mysteriös“ und womöglich noch „geheimnisumwittert“.
Huihuihui, macht da der langweilige Leser und denkt „In meinem durchorganisierten Alltag ist für mysteriöse Bikinimädchen kein Platz, ach wär ich doch dick und berühmt wie der Otti.“
Das mysteriöse Bikinimädchen.
Mysteriös sollte man eigentlich nur sein, wenn man beim Geheimdienst arbeitet oder ein äußerlich auffälliges Gesichtsmerkmal vorweisen kann, erst dann hat man sich so einen gewissen rätselhaften Touch verdient, wenn die Leute sagen:
„Och, schau mal da, das ist doch eine Schrotflinte, die da im Bikini steckt, was hat denn der Otti mit dem CIA zu tun“ oder aber „Boah, die hat ja ein Muttermal in der Form der Fidschi-Inseln auf ihrer linken Wange, wer ist sie, wo kommt sie her?“
Dem reinen Bikinitragen an sich haftet nun nichts schleierhaftes oder unfassbares an sich an, wär auch zu blöd, wenn’s so wär, die Männerwelt an den Weltstränden würde sich kollektiv die Unterlippe wegkneten, wenn jede Frau im Badkleid ein furchtbar geheimes Geheimnis mit sich herumschleppen würde.
Froh sein kann man, dass die Frau keine Stola und Gummistiefel trug, sonst hätte auf dem BILD-Redaktions-Flipchart bestimmt der Stola-Gummistiefel-Mädchen-Vorschlag ganz oben gestanden.

Abgesehen vom nicht gerade klug gewählten Adjektiv ist auch das Hauptwort an sich nicht gerade ästhetisch gewählt, denn wer hat schon 37-jährige Frauen in seinem Umfeld die in diesem Alter noch gern als „Mädchen“ bezeichnet werden wollen? Eben.
Da ein jeder von uns mit dem erworbenen Recht durch den Geburtskanal rutscht, schon ab dem ersten Lebenstag alles über Promis wissen zu dürfen, auch wenn`s noch so uninteressant ist, versicherte man der Leserschaft, dass „das nur eine gute Freundin von dem Otti“ sei.
So was würden wir auch gern mal glauben, denn durch empirische Erfahrungen haben Sprachwissenschaftler herausgefunden, dass „Das ist nur ne gute Freundin von mir“ das anerkannte Synonym für „Naja, geknallt hab ich sie schon, aber ich sags dir jetzt nicht“ ist.
Ganz ehrlich, an alle Prominente, die das hier lesen, lasst Euch was anderes einfallen, wenn ihr uns mitteilt, dass mysteriöse Frauen, die im Bikini durch euren Garten hoppeln „nur“ Eure Freunde sind, dann lachen wir da an Grillabenden ganz köstlich drüber.
Man könnte ja auch stattdessen mal kreativ agieren und behaupten, das wäre eine ein Mann Modenschau. Otti Jury, Bikini-Mädchen Model.
Oder man behauptet, dass es die Nachbarin wäre, die einen zu hoch geschossenen Federball sucht.

Wie auch immer, einen Tag später war es auch schon raus, es war des Ottis Geliebte und die Frau sagt: zieh aus, du Widerling.
Recht hat sie da.
Und dann – die Rechercheroboter der Bild waren wohl über Nacht repariert worden – fand man auch noch heraus, dass die Frau mit dem Bikini mal in nem Bordell gearbeitet hat. Sie sagt aber nicht, als was. Gut, viele Möglichkeiten, seh ich da jetzt nicht, Tanzstangenpolier, Kondomrecyclingsfachangestellte oder auch Türsteherin, eins davon wird’s schon gewesen sein. Mysteriös, nur weil man mal als Bezahldame sein Geld verdient hat, ist sie jetzt aber immer noch nicht, ein weiterer Irrtum, ein jeder weiß nämlich, was in Bordellen so passiert, da brauchen wir uns nix vormachen, es bleibt dabei, nix mysteriös.

Dann – als wenn das Tohuwabohu noch nicht tohuwabohuig genug wäre – platzt dem Otti auch noch ein Reifen auf der Autobahn, ab auf den Standstreifen, im Schock die Notrufsäule ankuscheln und dann nen Adler über die Leitplanke und Schulter auskugeln. An des Ottis Stelle wär ich spätestens ab diesem Zeitpunkt ziemlich geknickt.
Seine Noch-Ehefrau hatte da schon wieder ihren Humor wieder gefunden und konnte nicht anders: „Ich hab den Otti da aber nicht drüber gestossen!“
Soso.
Ins Krankenlaken gehüllt und mit wieder eingekugelter Schulter konnte Otti dann – den Blick auf die mit Sicherheit inspirierende Krankenhaustapete gerichtet – schon wieder über das Leben an sich sinnieren:
„Wenn man mit den Lenden denkt, dann endet das in einer Katastrophe.“
Gerüchteweise soll nur noch die Karikatur von Lukas Podolski auf Eins Live mehr Unsinn quasseln.
Ob dem Otti da die Krankenschwester unsinnige Drogen in den Pfefferminztee geschüttet hat?

Otti ist aber Optimist und beantwortet gleich zwei Fragen der BILD mit geradezu erquickender und lebensbejahender Fröhlichkeit:
„Wie haben sie die letzten Tage erlebt?“
„Ich war nicht Herr meiner Sinne, wenn ich jetzt an meine Zukunft denke, dann sehe ich nur ein schwarzes Loch!“
Ein paar Zeilen tiefer…
„Wie geht es jetzt weiter?“
„Wenn ich jetzt an meine Zukunft denke, sehe ich nur tiefe Dunkelheit…“
Warum nimmt denn in diesem Krankenhaus dem Spermabullen von Tölz nicht mal jemand die Augenbinde ab?
Aber nix da, Hellseherei war es, schon einen Tag später gesteht der Otti, dass er auch schon mal im Bordell war. Nun gut, da das „Bikini-Mädchen“ mal in einem selbigen gearbeitet hat, wundert uns diese Aussage jetzt ungemein.
Und BILD fragt sich: „Was kommt da noch alles ans Tageslicht?“
War Otti in seinem früheren Leben Sumoringer? Oder die Ur-Oma von Kate Moss?
Hat der Otti Helmut Kohl aufgefressen?
Guido Westerwelle geschwängert?
Suchen sie sich ruhig eine von diesen Fragen als Schlagzeile aus, unmöglich sind sie nicht.
Habe ich mich jemals eigentlich darüber beschwert, dass zuviel über die WM berichtet wird?
Alles ganz schnell vergessen.
Bitte, lasst den Otti, seine Schulter und seine Lenden in Frieden, es interessiert echt keine Sau. Stattdessen bitte wieder Geschichten von Michael Ballacks Fußnägeln, Podolskis Gehirn, Kloses gesundheitsgefährdendem Salto.
Bitte.

BITTÄÄÄ!!!

Danke.

16.6.06

Pennys WM-Wochenrückblick Folge 52: Von Blödgrätschen, Bedenkenträgern und Titelanwärtern

Nun ist es also passiert.
Die WM im eigenen Land, Football`s coming home…dieser Singsang wird übrigens in jedem Land angestimmt, in dem ein Großturnier um das runde Leder stattfindet, weil dann ein jeder denkt, endlich kehrt der Fußball dahin zurück, wo er hingehört und herkam.
Es hätte allerdings auch anders kommen können:
Bis kurz vor Toresöffnung war schließlich nicht klar, ob die Wade der Nation in Form von Michael Ballack würde auflaufen können. Erste Überlegungen wurden laut, es wäre besser das ganze Turnier nun abzusagen, eine deutsche Nationalmannschaft ohne den Kapitän auflaufen zu lassen, so was kommt doch nicht in Frage.
Dann kam aber doch alles ganz anders und das Eröffnungsspiel konnte bedenkenlos angepfiffen werden und man siegte 4:2. Jetzt kommt was wichtiges, was man über Deutschland und seine Medienlandschaft lernen kann:

1.
Unabhängig vom Sieg-Ergebnis des Matches gegen Costa Rica hätte es nach dem Spiel gedrucktes Gemecker gegeben. Ein 1:0 zum Beispiel wäre „knapp, unverdient und unter den Möglichkeiten gewesen“ ein souveränes 14:0 dagegen hätte allerlei Warnungen zur Folge gehabt, „nun bloß nicht abzuheben oder gar überheblich zu werden.“ So war eine gute Mischung aus beidem, nämlich das 4:2 auch keinem Recht, „ein toller Sturm, doch eine gruselige Abwehr“ hätte man, unabhängig von der eigentlich kaum zu unterschlagenen Tatsache, dass der Linienrichter beim zweiten Tor gleich zwei im Abseits stehende Costaricaner übersah, die von den deutschen praktizierte Abseitsfalle also eigentlich perfekt funktionierte. Doch den meisten Fans war es glücklicherweise egal, die schreibende Zunft hatte nur wenig Einfluss und man freute sich einfach nen Wolf. Auch gut.

2.
Die Macht der Bilder, vor allem der bewegten, ist nicht zu unterschätzen. Da Michael Ballack ja „ran wollte“, Jürgen Klinsmann ihn aus sicherlich guten Gründen nicht „ranließ“, wurde schon der ultimative Machtkampf heraufbeschworen, frei nach dem Motto „Verdorri, wir haben sonst nix negatives zu berichten, lasst uns doch einen ordentlichen Fight anzetteln.“
Aber nix da, der Jürgen und der Micha, die sprangen nach Toren von der Bank auf und…Achtung…nahmen sich in den Arm, welches von den Reportern mit der kuriosen Frage quittiert wurde: „Sehen so zwei Männer aus, die einen Machtkampf ausfechten?“
Natürlich nicht, Männer die einen Machtkampf ausfechten, werfen sich Duellierhandschuhe ins Gesicht und treffen sich des Morgens im Nebel, um sich gegenseitig über den Haufen zu ballern. Das ging aber beim Eröffnungsspiel nicht, kein Nebel, die Knarren werden einen schon am Eingang abgenommen und Fussballer mit Handschuhen, das hat ein bisschen was metrosexuelles und das darf nur der Beckham.
Also Umarmung und da kann ich nur sagen, lieber Jürgen, lieber Michael, ums den blöden Medien mal so richtig zu zeigen, wird bei der nächsten Machtkampfsituation a la Bundestrainer vs. Kapitän ein halbminütiger Zungenkuss ausgetauscht, das bringt die Presse zum schweigen, man kann sich Patronen sparen und für metrosexuell hält einen auch keiner mehr.

3.
Bitterböses in die Zukunft schauen monatelang vor der Weltmeisterschaft ist keine Sache, die sich lohnt. Denn jetzt kommen wir uns verarscht vor, wochenlang wurde über Oliver Kahn geschrieben, eigentlich sei er doch die wahre Nummer eins, mit Lehmann brauchen wir gar nicht erst anzutreten und so weiter und sofort. Interessiert seit dieser Woche niemanden mehr. Und David Odonkor? Nackenunverträgliches Kopfschütteln hatte seine Nominierung hervorgerufen, zu blöd, dass er in seiner Funktion als Flügelspieler in der 92. Minute die entscheidende Flanke zum 1:0 gegen Polen gab. War wohl bestimmt nur Zufall.

Jetzt ist die WM also eine Woche alt, Deutschland schon im Achtelfinale, da haben wir ein bisschen Zeit, uns mit der Flaggendiskussion auseinanderzusetzen.
Wer nicht mit geschlossenen Augen durchs Leben rennt, der kommt kaum drum rum, flatternde Seide an vorbeifahrenden Autos zu erblicken. An jedem dritten Gefährt hängt ein Deutschland-Fähnchen, manchmal schaut auch ein größeres aus dem Schiebedach heraus. Es ist fast ein bisschen, wie in der Weihnachtszeit, wo ein jeder sein Fenster mit Leuchtgetöse zum blinken bringt.
Nun kann man sich auf verschiedene Standpunkte einlassen. Der erste wäre der, dass man es einfach akzeptiert, dass die Deutschen Fahnen ihres Landes hin und herschwenken, weil sie sich einfach freuen, dass ihre Mannschaft gewinnt und somit das Wedeln von Flaggen anderer Nationalfahnen nicht allzu viel Sinn ergibt.

Man kann sich allerdings auch furchtbar wichtig machen und den leise aufkeimenden Patriotismus im Keim ersticken, in dem man sagt, dass es so nun nicht geht. Heiner Geißler ist so ein sich wichtig machender Mensch. Man solle es nun auch mit der Fahnenschwenkerei und dem Nationalstolz nicht übertreiben, so seine von hoffentlich nicht vielen geschätzte Meinung.
Denn wie soll das Aussehen, das reglementierte Flaggenschwenkverhalten?
Drei mal hin und her und dann erst mal wieder einrollen? Begrenzte Fahnenanzahl am Auto bzw. deren Erhöhung nur nach TÜV-Überprüfung (dafür könnte man prima einen Bürokratiebunker aus dem Boden stampfen, in dem achttausend Beamte darüber wachen, dass alles seine Richtigkeit hat, was die mobile Fahnenweherei angeht)? Deutschlandrufe nur bis zu einer bestimmten Dezibelzahl? Oder gar Rufe bei eigener Führung für die gegnerische Mannschaft, um Demut zu demonstrieren?
Nene, die Leute sollen mal schön weiter alle ihre Fahnen wehen lassen. Lieber ne Flagge am Stock, als nur der Stock, das sehen bestimmt auch Polizisten so.
Soll schließlich keiner so tun, als ob unter jeder Flagge ein Rassist darauf wartet, wem das Stoffstück in den Hintern zu stopfen. Das hat man nun auch im Ausland bestimmt begriffen.

Nun darf man sich von dem WM-Rausch nicht aus der Realität rausrauschen lassen, das geht natürlich auch nicht. In vier Wochen ist all der Trubel nämlich wieder vorbei und dann wird wieder über Mehrwertsteuererhöhungen debattiert. Da könnte es gut sein, dass der Wimpel schon im Keller verstaubt bis zur nächsten WM im eigenen Land.
Zwei Dinge sind noch zu klären: Punkt eins, wer wird Weltmeister? Weiß leider keiner so genau, aber man weiß SEHR wohl, dass es Favoriten, Geheimfavoriten und Punktelieferanten gibt. Favoriten sind Brasilien, Deutschland, Italien und Argentinien. England wäre auch Favorit, da das Elfmeterschießen aber immer noch nicht abgeschafft wurde, rutscht man leider in die „Punktelieferanten-Kategorie“, zumindest nach der Vorrunde.
Geheimfavoriten sind am lustigsten, weil niemand weiß, wer sie eigentlich dazu macht und was an ihnen so furchtbar geheim ist, wenn Reporter sie den Millionen Zuschauern entgegenquäken. Spricht sich doch dann rum. Die Ukraine ist zum Beispiel Geheimfavorit, was sie bei ihrer 0:4 Niederlage gegen Spanien nur allzu deutlich unter Beweis stellte. Eine Mannschaft, die so eindeutig verliert und zu den Geheimfavoriten auf den Titel zählt, die muss einen MacGyver-mäßigen WM-Pokal-Plan im Turnbeutel haben. Schweden ist auch Geheimfavorit. Haben gegen Trinidad und Tobago auch keinen rein bekommen, Respekt. Brasilien ist jetzt im Nachhinein irgendwas zwischen Favorit und Punktelieferant, das hängt jetzt ganz davon ab, ob Ronaldo seinen Weight Watchers Plan durchgezogen bekommt.
Als letztes ein schreiendes Hurra auf die Gentechnik. Die hat es immerhin geschafft, Franz Beckenbauer zu klonen und jedem WM-Stadion einen davon zur Verfügung zu stellen, mit Maßanzug und Krawatte. Denn das Märchen, dass der Franzel den ganzen Tag mit dem Hubschrauber von WM-Stadt zu WM-Stadt segelt, wäre keines mit Happy End, denn die normale menschliche Reaktion auf derart viele zurückgelegte Heli-Kilometer ist eigentlich ein voll gekotztes Jackett.

In diesem Sinne, Ole!

P.S.: Die WM sorgt für neue Arbeitsplätze. Denn irgendjemand muss die einzuhaltenden 2,8 cm Rasenlänge vor dem Spiel überprüfen und nach dem Spiel dafür sorgen, dass alle Halme wieder in die ursprüngliche Länge gebracht werden. Eigentlich nur eine Aufgabe für den Sensenmann, aber da hat die Fifa bestimmt auch keine Probleme, den in ihre Dienste zu nehmen.

13.6.06

TRAILER Pennys Wochenrückblick Folge 52

The same procedure as last week, ladies and gents:

9.6.06

Pennys Wochenrückblick Folge 51: Wiedergeburt ist blöd allein, lass mich Dein Marmorkuchen sein!

Deutschland ist geschockt!
Ja, geschockt!
Wenn man schockt, dann meistens mit einem Bekenntnis, anders lässt es sich wohl nur schwerlich schrecken.
Wenn ich jetzt also dahergehen und behaupten würde, dass ich eine Aversion für alte und faulige Birken habe, dann wären Freunde und Verwandte zu Recht besorgt und schockiert.
Aber nur als Prominenter kann man mit Bekenntnissen eine komplette Schockwelle über das Land lostreten.
Ganz schön viele Schocks in diesem Absatz, ich weiß, aber nur so kann man mit Nachdruck den Lesern verdeutlichen, wie geschockt Deutschland in der letzten Woche war.

Denn Hape Kerkeling bekannte, schon einmal gelebt zu haben.
Als Mönch, der im zweiten Weltkrieg hingerichtet wurde.
Natürlich kann man da nur von einem unglücklichen Zufall sprechen, dass dieses Bekenntnis mit dem Veröffentlichungstermin seines Buches kollidierte.
Vermutlich sollte da nur ein bisschen auf der Werbetrommel herumgeklöppelt werden, auf dass sein literarisches Werk die Bestsellerleiter ein paar Sprossen nach oben zu klettern vermag.
Das hat leider besser geklappt als man zunächst wohl beabsichtigt hatte.
Denn der plötzlich auftretenden Erkenntnis ähnelnd, wo man denn zuletzt seinen Autoschlüssel abgelegt hatte, fiel es dem deutschen Volk plötzlich siedend heiß ein und von Nord nach Süd knallte ein jeder sich die flache Hand an die ungeschützte Stirn und dachte:
"Hey, stimmt. Ich hab doch auch schon mal gelebt."
Mit der Urplötzlichkeit von Kometeneinschlägen spürt der ein oder andere nun vergangene Ritterrüstungen auf seinen Beinen oder erinnert sich an den Geschmack von Mammutfleisch. Das mag man vielleicht vorher schon mal festgestellt haben, aber erst durch Hapes Bekenntnis kann man so richtig zu seinen früheren Existenzen stehen.

Aber das war ja nun noch nicht genug, der Hape hat sogar Gott in Person auf seiner Pilgerreise getroffen, so viel Religiosität hätten wir eigentlich niemandem zugetraut, der Lieder namens „Schätzelein“ auf CD bannt.
Den genauen Gesprächsverlauf verrät Herr Kerkeling allerdings nicht, was dann doch ein bisschen schade ist, denn das würde uns dann ein bisschen mehr interessieren, als sein Mönchsleben vergangener Jahre.
Lediglich eine einzige Frage Gottes wurde überliefert.
„Hape, wie gefällt dir eigentlich so dein 8. Leben?“
Was denn acht Leben?
Ja, acht.
Hape hat gelogen, beim Mönch ist es nicht geblieben.
Schauen wir uns doch das unzensierte Manuskript etwas genauer an, welches so nie in den Druck ging.

Die acht Leben des Hape K.


1. Leben
Den ganzen Tag nur rumhängen gefiel mir gar nicht, auch wenn die Aussicht jetzt nicht die übelste war. Überall grünte es so vor sich hin, das Wetter war auch recht prima. Nur diese beiden halbnackten Figuren unter mir am Baumstumpf nervten manchmal. Wenn er wegschaute, versuchte sie immer, nach mir zu greifen. Wenn sie doch bloß gewusst hätte, dass ein dicker Wurm durch meine Eingeweide kroch, sie wäre nicht so gehüpft und gesprungen.
Zehn Tage später kam die olle Blindschleiche den Ast entlang gekrochen, die die Nackte in ihrem Vorhaben nur noch bestärkte. Eine Räuberleiter später war ich tot und das Paradies Geschichte. Kurzes erstes Leben.

2. Leben
Dauerte immerhin schon etwas länger. Aber nicht viel.
Ich war der erste Ägypter, der es geschafft hatte, sich auf die Nase der Sphinx zu setzen. Ob es letztlich spontan ausgebrochener Heuschnupfen oder eine starke Grippe war, die zu meinem zweiten Tod führte, kann heute niemand sagen. Es machte recht laut Hatschi und ich hatte das Pech, statt auf einer riesigen Nase auf einer grossen Menge Luft zu sitzen und das war dann das Ende meines zweiten Lebens.

3. Leben
In diesem Leben hätte ich ganz groß rauskommen können, ich war Staatssekretär in Frankreich unter Napoleon und mir hätten diverse Frauen halbnackt Weintrauben in den Schlund geschoben, wenn ich nicht eines Tages gegenüber meinem Herrscher in einer kleinen volltrunkenen Fröhlichkeit folgenden Satz geäußert hätte: „Sie sind der Peter Maffay der Diktatoren!“ Immerhin kamen recht viele Leute zu meiner Hinrichtung. Aber woher ich den Namen Maffay damals kannte, ist mir bis heute nicht klar.

4. Leben
„So, jetzt wird’s aber was!“, dachte ich mir in Leben Nummer 4. Es musste nur hoch genug sein. Und so machte ich mich mit meinen Papierflügel-Gestell auf den Weg zum Rand der recht tiefen Schlucht. Statt als erster fliegender Mensch in die Geschichte einzugehen, lande ich als Nummer 477 am Klippenrand. Auch nicht schlecht.

5. Leben
ICH BIN EIN MARMORKUCHEN!
Aber ich war jetzt nicht irgendein Marmorkuchen, nein. Wenn man mich an der richtigen Stelle aufgeschnitten hätte, dann hätte Hitler die detaillierten Schokopläne für eine alles vernichtende Laserkanone in den Händen gehalten. Glück gehabt.

6. Leben
Die Mönchssache. In dem Kloster, in dem ich damals vor mich hinbetete, konnte ich mich an einen anderen Mönch ganz gut erinnern, er hieß Pennyrius, führte ständig Feder und Papier bei sich und lauerte darauf, dass mal wieder einer unserer Gebetsbrüder über eine Wurzel stolperte, damit er am Ende der Woche davon berichten konnte. Komischer Kauz.

7. Leben
In diesem Leben war`s mir in einer Tour speiübel, aber kotzen ging nicht. Auch blaue Flecken trug ich an manchen Tagen davon, aber das war bei weitem nicht so schlimm, wie diese elende Dreherei. Aber – und das machte es zu einem gar nicht so schlechten Leben – eines Tages hörte ich aus ganz weiter Ferne eine leise Stimme…“Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen…“ so oder ähnlich und plötzlich wurde ich mit aller Wucht irgendwo hingetreten und ich wurde endlos bejubelt. Klasse.

8. Leben
Nö, dieses Leben hab ich umgetauscht, das wollte ich nicht. So ne komische blonde Schnepfe sollte ich sein, die jede Nacht ein anderes Bett sattelt und durch alle möglichen Schlitze Papas Kreditkarte durchzog. Außerdem hatte ich kein echtes Interesse daran, wie die französische Hauptstadt zu heißen, herzlichen Dank auch. Hab mich dann für den Hape entschieden, der machte nen netten Eindruck.
Und so konnte ich endlich Horst Schlämmer auf die Menschheit loslassen.

An den acht Leben von Herrn Kerkeling kann man erkennen, wie anstrengend gelebte Existenzen im Nachhinein sein können. Vielleicht erinnern wir uns genau deswegen nicht an alle, wer weiß.
Also, Hefte raus, jetzt gibt’s Hausaufgaben. Wer seid ihr gewesen, bevor ihr ihr wart?
Habt ihr als Ananas im Obstregal gelegen? Wart ihr der Friseur von Alfred Hitchcock?
Oder der Flugdrache von Benjamin Franklin?
Ich will alles wissen.
Schockt mich.

Nun noch was zur Mamorkuchenthematik:
Man kann sich aufgeschnittenes Backwerk bei ebay ersteigern. Ein ulkiger Zufall ließ die Schokolade in einem solchen Kuchen die Form des WM-Pokals annehmen…wenn man ganz genau hinschaut und den Kuchen nicht dreht, versteht sich.
291 Eur sind das momentane Höchstgebot für dieses Prachtstück, bei dem man nach der Ersteigerung nicht wirklich weiß, was man damit anfangen soll. Wir könnten ja den WM-Pokal in Rente schicken und der Sieger der WM hält den dekadenten Kuchen hoch…dann können wir gleich den Meisterteller mit einmotten und dann kriegt der FC Bayern eben nur noch ne Torte in Form der Schale.
Wenn man nun den ersteigerten Marmorkuchen umdreht (siehe unteres Bild), dann wird aus dem WM Pokal aber leider schnell ein Komet mit Schweif, der auf die Erde herabstürzt. Ob man sich Besitzer von derlei Weltuntergangsgebäck nennen möchte und das auch noch für viel, viel Cash, ist natürlich eine andere Frage.
Aber die klär ich heut nich mehr, heut ist WM.

Auf eine torreiche Woche!

8.6.06

TRAILER für Wochenrückblick 51

Hier also ein kleines Filmchen für morgen...wie letzte Woche, einfach auf PLAY klicken...

2.6.06

Pennys Wochenrückblick 50: Bayerische Zungen und andere pelzige Probleme!

Es ist immer wieder schön zu beobachten, wie gewisse Menschen ihr überaus reichlich vorhandenes Talent ausleben, andere mit ihrem Dasein oder Äußerungen verbaler Art auf`s heftigste zu amüsieren.
Edmund Stoiber gehört zu diesen „gewissen Menschen“ dazu, wenn er nicht sogar ihr König ist. Unangefochten.
Aber mal langsam und von vorne: Vor nicht einmal zwei Wochen schlug sie mit aller Härte brutalster Gewalt zu…darf ich vorstellen…Mutter Natur!
Mutter Natur, sowieso von Haus aus ziemlich launisch, wenn es um arschkalte Temperaturen und spontan entfachte Hurrikans in the USA geht, dachte sich im Stillen wohl, dass es mal wieder Zeit wäre den Deutschen zu zeigen, wo der grüne Daumen hängt.
Lass ich nen Vulkan ausbrechen? Oder nen Monsunregen niederprasseln?
Ach was, dachte MN sich, ich lass einfach mal nen Bären frei.
Und schon hatten wir, wichtigere Themen waren wohl gerade nicht greifbar, ein dickes Thema auf den Titelseiten. BÄR IN DEUTSCHLAND, welch ein Skandal.
Dank mangelnder technischer Koordination seitens der Bundesregierung und somit nicht vorhandener Bärensupermärkte im Einzugsgebiet von Meister Petz sah dieser sich genötigt – ob aus Hunger oder Spaß an der Freud, keiner weiß es – ein paar süße wollige Schäfchen in einen dicken Blutklumpen zu transferieren. Schrecklich.
Eben noch Mäh – dann schon Bäh, so kann’s gehen, wenn bei Mutter Natur „Barmherzigkeit“ ausfällt.

Alle Augen waren nach Süden (alternativ auf die BILD) gerichtet.
Sogleich bildeten sich zwei Meinungs-Fronten heraus und keine davon sparte mit Abwesenheit von Intelligenz. Die eine forderte eine direkte Hinrichtung des Bären, ganz ohne Haftbefehl und Prozess und so.
Wenn Mutter Natur so eine blöde Kuh ist, dann muss man ja zumindest mit der Waffe antworten dürfen. Hohle Einstellung, wenn man mich fragt, vielleicht war der Teddy ja auch gänzlich unschuldig am Schafstod und nur auf der Durchreise. Nicht auszuschließen, dass die Schafe sich einfach nur gestritten und gekloppt haben. Wer will das schon noch so genau nachvollziehen, Schafe haben genug Anhaltspunkte, um sich ordentlich zu zoffen, „Hey, das hier ist mein Rasen!“ oder „Meine Wolle ist ja wohl eindeutig weißer!“ und schon geht bei den Viechern der Punk ab.
Die andere Meinungsfront war gegen eine generelle Erschießung des Tieres, was an sich löblich ist, aber bleibt der Eindruck, dass solche Leute auch eine ganze Bärenhorde in ihrer Innenstadt akzeptieren und lieber auf dem Land einkaufen gehen würden, bevor sie den Mund aufmachen und sich über zu viel lebendes Fell in ihrer City beschweren.

Dem Bär war es egal, nach der mutmaßlichen Tötung der Schafe hatte er wohl nicht vor, sich zu stellen und verschwand flugs wieder im dichten Dickicht der Wälder und Felder.
Jeder Bundesbürger hätte nun wieder ruhig schlafen können, von Flensburg bis in den Breisgau hätten die Leute sich abends die Zähne geputzt und beim zu Bett gehen „Puh, da bin ich ja noch mal mit dem Schrecken davon gekommen, was wäre bloß passiert, hätte der Bär im Supermarkt hinter mir gestanden?“ gedacht.
Doch das konnte man nicht zulassen, ER kam, ER hatte seinen großen Auftritt, nachdem sein Leben von großen Auftritten in letzter Zeit dezent gemieden wurde.
Edmund Stoibär gab eine Pressekonferenz, wie sie die Welt (zum Glück) noch nie gesehen hat…und hoffentlich nie wieder sehen muss.

Alles begann ganz harmlos, Edmund Stoiber freue sich natürlich, dass es in Bayern wieder einen Bären gebe, juchuuu und yippi-Ayeeeh, kaum jemand in Bayern wusste bisher so recht, wie die Lebensfreude im Alltag zu steigern war, da kommt so ein Zottel, dem man eh nie begegnet gerade recht.
Doch schon im nächsten Stoibersatz schlug die Stimmung um, es sei nun so, dass der Normalbär nie, aber auch niemals seinen Wald verlässt und höchstens ein bis zwei Schafe im Jahr reißt.
Da geht’s schon los mit den Umgereimtheiten, da Schafe nur selten durch den Wald rennen, MUSS der Normalbär diesen zwangsläufig verlassen, um die von Edmund ermittelte Schaf-Reiss-Quote von zwei Wollehaufen pro Kalenderjahr zu erfüllen.
Wie mans also macht, macht mans falsch, das gilt für Tiere wohl genauso.
Mit der Freude war es nun vorbei, denn die Schafreissquotenlatte wurde von unserem Teddy locker gerissen und man zählte schnell mehr als zehn hin und hergerissene.
Da sinkt der Normalbär in der Achtung der politischen Kaste und steigt gleichzeitig von Normalbär auf…nich lachen jetzt…Problembär.
Problembären verhalten sich prinzipiell asozialer als der gepflegte Normalbär, wer so ein richtig prolliger Problemteddy sein will, der hat das Fell in den Kniekehlen, zeigt Uhus im Wald die Mittelkralle und blökt ein bäriges Schimpfwort nach dem anderen ins Dickicht und schon ist man bei Edmund unten durch.
Saltis voller Freude kann der Bär schlagen, dass Herr Beckstein mittlerweile in der Bundespolitik angekommen ist, wer weiss, was für ein brutales Videospiel als Verantwortung für die ungeheure Raserei des Bären hätte herhalten müssen. Swen Bomwollen? Und zack, aufn Index, da macht der Beckstein keine Gefangenen.

Zum Ende der Pressekonferenz stellte der Edmund noch Vermutungen ohne Ende auf, was denn zum Beispiel alles hätte passieren können, wenn jetzt Menschen dem Tier begegnet wären.
Ja hält der uns denn für blöd? Was wär da schon passiert, wenn der Xaver ihm begegnet?
"Bitte, Herr Bär, setzen sie sich doch hin, wie wäre es mit nem Kaffee?"
Nein, zum erbitterten Endkampf zwischen Mensch und Tier wäre es gekommen und ich übertreibe nicht, wenn ich mal behaupte, dass der Xaver besser ein paar Hühner in der Tasche haben sollte, die er dem Bären als Köder zuschmeissen könnte.
Nun muss der Bär gefangen oder getötet werden, sonst entwickelt sich das Vieh weiter, frisst McGyver-Kaugummis und bastelt sich nen Inspektor-Gadget-Umschnallpropeller.
Schon gäbe es einen Hubschraubär und dann hätten die Schafe echt nen Grund zur Heulerei…so ein Grizzly im Sturzflug, das findet kein Wiederkäuer zum Lachen.
Was wir also mit dem Zottel machen, wissen wir.
Doch was tun mit Edmund Stoiber?
Der Kerl ist mittlerweile fast 200 Jahre alt, verfügt also über ein gewisses Maß an gestapelter Lebenserfahrung und bekommt trotzdem keine zwei Sätze am Stück heraus, ohne dass er entweder vom Thema abschweift oder Zeitlücken mit geballten „Ääääähs“ füllt. Ein Albtraum für jeden Kommunikationswissenschaftler.
Bei Piet Klocke gehört das ja zum Showprogramm dazu, aber bei Edmund?
Und sollten ihm seine Berater nicht wichtige Themen auf den Pressekonferenzvorlesezettel schreiben, Themen bei denen er sich nicht vollkommen zum Affen macht?
Oder ist es vielleicht doch eher so, dass der Bär an sich einen Intimfeind des bayerischen Politkaspers darstellt?
Wurde Edmund in seiner Kindheit von seinem Teddy verkloppt und trägt dies als Trauma in seiner Anzugsjacke mit sich herum? Hat er vielleicht sogar deswegen darauf verzichtet, in die große Koalition zu gehen, weil in der Fahne der Hauptstadt welches Tier prangt?
Genau.
Vielleicht sollte Stoiber seinem Trauma begegnen, sich bis auf seine Unterhose ausziehen und mit Honig einreiben und sich stellen.
Bär vs Stoibär.
Schallt es also aus dem Wald heraus bis auf dem Feldweg „I zoags dir, Problämpelz, kommst zu mia, I moch di alle!“ dann sollte man betreten zu Boden schauen und einfach, einfach weitergehen.
Verstirbt der tierische Widersacher dann allerdings wenig später an einer Magenverstimmung, muss man aufpassen, dass man sich da keinen Bärtyrer schafft.
Sonst fordert das gemeine Volk Neuwahlen und am Ende sitzt Winnie Puh blöde lachend im Bundestag.
Will ja auch keiner.